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Monday Jul 28, 2025
130 — Populismus und (Ordo)liberalismus, ein Gespräch mit Nils Hesse
Monday Jul 28, 2025
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Der Titel der heutigen Episode ist: Populismus und Ordoliberalismus. Das ist wieder eine sehr spannende Episode, denn die Frage, was Populismus eigentlich ausmacht, wie man ihn sinnvollerweise definiert und verortet, scheint in Zeiten, wo solche Begriffe doch verstärkt aktivistisch eingesetzt werden, höchst relevant.
Ich führe dieses Gespräch mit Nils Hesse, der als freier Ordnungsökonomen arbeitet, derzeit zwar in den USA lebt, sich aber mit Artikeln, Beiträgen oder als Host des R21-Klimapodcasts »Der Preis ist heiß« in die deutsche wirtschafts- und klimapolitische Debatte einbringt. Wissenschaftlich setzt er sich ideengeschichtlich und institutionenökonomisch mit dem Verhältnis von Ordoliberalismus und Populismus auseinander und schreibe dazu am Walter-Eucken-Institut an einer Habilitationsschrift. Diese Arbeit ist das Thema unseres Gesprächs.
Wir beginnen das Gespräch mit der Frage, was eigentlich unter Populismus zu verstehen ist? Populistische Bewegungen unterscheiden zwischen Volk und Elite. Welche Ausprägungen des Populismus gibt es in Folge? Was ist der Zusammenhang zwischen Populismus und repräsentativer Demokratie? Welche politischen Folgen können von populistischen Gruppierungen abgeleitet werden?
Wie ist Populismus zu bewerten? Ist »Populismus« als abwertende Marke, als politischer Kampfbegriff sinnvoll verwendet?
Ist die Verwendung global einheitlich, oder unterscheidet sie sich im europäischen und US-amerikanischen Kontext? Wann und unter welchen Rahmenbedingungen wird der Populismus zum Problem?
Welche Typen des Populismus gibt es?
Was sind Trägergruppen des Populismus? Wie formen sich aus dem Populismus politisch (wirksame) Strömungen?
Was bedeutet der Begriff der Elite? Wie ist diese definiert? Was bedeutet der Begriff »Nobilitas Naturalis« nach Röpke?
Wie können die folgenden Gegenreaktionen auf Populismus beschrieben werden:
- Isolationsstrategie
- Strategie der Annäherung
- Beschäftigung mit den strukturellen Mängeln und Problemen, die zum Populismus geführt haben
Warum werden intellektuelle und »abstraktere« Berufe von Populisten häufig abschätzig betrachtet? Was sind die Folgen davon?
»Wenn man die Leute als radikal bezeichnet, dann gehen Leute, die mit diesen Zuschreibungen Probleme haben, eher weg, und die Leute, die drinnen sind, erkennen sich dann eher als bestätigt [von den Eliten ausgegrenzt]. Das führt dann eher dazu, dass sie sich weiter radikalisieren.«
Werden wir zum Nanny-State, weil politische Entscheidungsträger glauben, immer mehr Aspekte der Gesellschaft durch Zentralisierung vermeintlich verbessern zu können?
Wie ist das Rousseausche Rätsel aufzulösen?
»Wie können wir frei sein, obwohl wir unter Regeln leben müssen, denen wir selbst nicht zugestimmt haben?«
Welche Rolle spielt Dezentralisierung, und mit welchen praktischen Problemen ist man konfrontiert? Warum sind Repräsentationslücken ein Problem?
Gibt es einen Volkswillen, den die Politik »erkennen« kann? Oder gibt es in einer freiheitlichen Gesellschaft prinzipiell sehr unterschiedliche Ziele, die zu respektieren sind? Wie ist das in der Praxis umzusetzen?
Was hat Elinor Ostrom zum Problem der Tragedy of the Commons beigetragen? Auf welcher Ebene kann man sinnvollerweise welchen Mehrwert schaffen? Warum können Regelwettbewerbe sehr nützlich sein?
Kommen wir zum Ordoliberalismus. Um welche politisch-ökonomische Strömung handelt es sich dabei? Wer hat ihn begründet, und warum ist es heute relevant, sich damit auseinanderzusetzen?
Geschichtlich greifen wir hier auf die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurück und dann auf die Verwerfungen, die sich durch die Weltkriege ergeben haben und das Deutschland der Nachkriegszeit substantiell definiert haben.
Welche emanzipatorische Wirkung kann von der Marktwirtschaft ausgehen? Warum ist Machtkonzentration und die Vermischung von politischer und wirtschaftlicher Macht ein Problem, und wie kann dies vermieden werden? Welche Art der Wettbewerbsordnung entspringt diesen Überlegungen und Herausforderungen?
Was ist die Basis einer freien und menschenwürdigen Gesellschaft?
Führt all das zur sozialen Marktwirtschaft, einem nach dem Zweiten Weltkrieg sehr erfolgsbewährten Konzept? Was hat all das für Deutschland der Nachkriegszeit bedeutet, was waren die Gründe für das Wirtschaftswunder? Woher kam der Konflikt mit den angelsächsischen Libertären, und was ist in den letzten Jahrzehnten geschehen?
Sind diese Ideen auf die Probleme der heutigen Zeit anwendbar? Was sind die Prinzipien dieser Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, und warum war sie so erfolgreich?
Können Märkte als anti-elitäre Maßnahmen verstanden werden? Was ist das Verhältnis zwischen Populismus und Marktwirtschaft?
Wie ist die politische Orientierung der AfD, und wie ist deren Veränderung über die Zeit zu verstehen?
Warum konnte sich der Ordoliberalismus international nicht durchsetzen?
Erleben wir in den letzten Jahrzehnten, speziell in Mitteleuropa und Großbritannien, die Situation, dass die Probleme ständig zunehmen und die Regierungen glauben, diese mit immer stärkeren staatlichen Eingriffen zu lösen – wie es scheint, mit immer weniger Erfolg? Welche Rolle spielt die Europäische Union in dieser Gemengelage?
Wie ist Javier Milei und dessen Politik – insbesondere vor dem Hintergrund der Geschichte Argentiniens – zu begreifen? Kann es uns in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Österreich gelingen, aus den schweren Verwerfungen und politisch herbeigeführten Krisen evolutionär herauszukommen, oder ist ein totaler Abstieg wie in Argentinien notwendig, bis wir die notwendigen Lehren ziehen?
Anders ausgedrückt: Brauchen wir die Motorsäge, oder reicht der ordoliberale Unkrautstecher?
Sind wir auf dem dauerhaften Weg in die Misere, oder werden manche/viele Dinge tatsächlich besser? Alles schlechtzureden ist ebenfalls kein funktionierendes Rezept für die Zukunft.
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 129: Rules, A Conversation with Prof. Lorraine Daston
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Episode 126: Schwarz gekleidet im dunklen Kohlekeller. Ein Gespräch mit Axel Bojanowski
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Episode 125: Ist Fortschritt möglich? Ideen als Widergänger über Generationen
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Episode 117: Der humpelnde Staat, ein Gespräch mit Prof. Christoph Kletzer
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Episode 108: Freie Privatstädte Teil 2, ein Gespräch mit Titus Gebel
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Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
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Episode 90: Unintended Consequences (Unerwartete Folgen)
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Episode 89: The Myth of Left and Right, a Conversation with Prof. Hyrum Lewis
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Episode 88: Liberalismus und Freiheitsgrade, ein Gespräch mit Prof. Christoph Möllers
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Episode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
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Episode 58: Verwaltung und staatliche Strukturen — ein Gespräch mit Veronika Lévesque
Nils Hesse
- Publikationen von Nils Hesse
- Dickere Bretter bohren! Wie reagieren auf erfolgreiche Populisten?, Denkfabrik R21 (2023)
- Der Preis ist heiß — Podcast
Fachliche Referenzen
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Reckwitz, Andreas (2020): Das Ende der Illusionen. Politik, Ökonomie und Kultur in der Spätmoderne. Berlin: Suhrkamp.
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Röpke, Wilhelm (1942/1979): Die Gesellschaftskrisis der Gegenwart. 6. Aufl., Bern, Stuttgart: Paul Haupt.
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Röpke, Wilhelm (1958/1979): Jenseits von Angebot und Nachfrage. 5. Aufl., Bern: Paul Haupt.
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Ostrom, Elinor (1990): Governing the Commons. Cambridge: Cambridge University Press.
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Eucken, Walter (1952/2004): Grundsätze der Wirtschaftspolitik. 7. Aufl., Tübingen: Mohr-Siebeck.
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Böhm, Franz, Walter Eucken und Hans Großmann-Doerth (1936/2008): Unsere Aufgabe. In: Goldschmidt, Wohlgemuth (Hrsg.): Grundtexte zur Freiburger Tradition der Ordnungsökonomik, Tübingen: Mohr Siebeck, S. 27-37.
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Erhard, Ludwig (1957/2009): Wohlstand für Alle. Köln: Anaconda.
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Müller-Armack, Alfred (1946/1990): Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft. München: Kastell.
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Hayek, Friedrich A. von (1971/1983): Die Verfassung der Freiheit. 2. Aufl., Tübingen: Mohr Siebeck.
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Friedrich Hayek, Der Weg zur Knechtschaft (1945)
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Mervyn King, John Kay, Radical Uncertainty, Bridge Street Press (2021)
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