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3 days ago
124 — Zeitlos
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Der Titel der heutigen Episode ist »Zeitlos«. Wie komme ich darauf? Die Motivation für diese kurze Episode der Reflexion ist eine Reihe von Tweets. Der erste war von Axel Bojanowski, dem — wie ich meine — führenden Wissenschaftsjournalisten im deutschsprachigen Raum. Er schreibt:
»Der mit Abstand beste deutsche Wissenschaftspodcast ist Zukunft Denken«
Natürlich freut mich eine solche Empfehlung aus derartig berufenem Munde ganz besonders. Es spornt auch an, weiter hart an diesem Projekt zu arbeiten. Es gab dann aber noch eine Reaktion eines Hörers, der den Aspekt der Zeitlosigkeit der Episoden betont hat.
Das hat mich zum Nachdenken angeregt.
Der erste Aspekt von Zeit ist ein eher banaler, aber einer, auf den ich gerne kurz eingehen möchte. Ich bekomme immer wieder Zuschriften, wo sich Hörer öfter neue Folgen wünschen. Warum das schwierig ist, erkläre ich in aller Kürze.
Dann aber zu weiteren Aspekten der Zeitlosigkeit, die eher inhaltlicher Natur sind, denn dieser Kommentar hat mich zum Nachdenken gebracht zumal es einige Überschneidungen zu vorigen Episoden gibt. Was hat etwas das Zitat von Gerd Gigerenzer aus Episode 122
»Je größer die Unsicherheit ist, desto mehr Informationen muss man ignorieren.«
mit dem Zitat von Stafford Beer aus Episode 121 gemein?
»Information and Action are one and the same thing«
Zur Dimension der Informationsdichte kommt noch die Dimension der Zeit auf eine sehr interessante Weise hinzu. Je Größer die Unsicherheit, desto wichtiger ist also nicht nur die Auswahl der Parameter, der Daten, sondern auch die richtige Zeitlichkeit im Umgang mit dem Problem.
Was bedeutet dies für News? Für den gesellschaftlichen und politischen Umgang mit komplexen Problemen?
»Die relevanten Information entstehen Wochen, Monate, bei aktivistischen Großereignissen wie etwa Covid auch Jahre später. Diese geht dann aber im Lärm des nächsten Events unter.«
Fortschritt und Entschleunigung haben aber eine durchaus interessante Gemeinsamkeit, wir Herfried Münkler bemerkt:
“...Chance des Reflexionsgewinns durch Entschleunigung: Man kann die Bedeutung beim Treffen von Entscheidungen über größere Zeitspannen zu verfügen kaum überschätzen. und diese Zeitspannengewinn hängt nun einmal am Übergang vom mündlichen zum schriftlichen.” […] »Man konnte nunmehr sehr viel komplexere Fragen zum Gegenstand von Beratungen machen, als das in den direkten partizipatorischen Formen der Antike möglich war. Und man konnte Herausforderungen und Probleme in längerfristigen Perspektiven ins Auge fassen.«
Sind wir immer am Puls der Zeit? Oder sind wir eher am Puls des Rauschens?
Warum gibt es keine Wissenschafts-News und warum ist es gerade in komplexen Zeiten wichtig, Abstand von schnellen Medien zu halten? Warum sind Bücher gerade in schnellen Zeiten von besonderer Bedeutung?
Wie kann man die Welt in Schichten verschiedener Geschwindigkeiten begreifen? Stewart Brand bezeichnet dies als Pace Layering:
»Build a thing too fast, and mistakes cascade.
Build a thing at the right pace, and mistakes instruct.
Build a thing too slow, and mistakes are forgotten, then endlessly repeated in the endless restarts.
For instance, with infrastructure:
Building a thing at the right pace steadily all the way to completion probably works best with:
Continuity of control
Protected and guided by continuity of oversight and
Guided by continuously monitored undersight—from workers and early customers.
Continuity is the key.«
Was aber machen wir mit Systemen — um wieder auf Stafford Beer zurückzukommen — deren tatsächlicher Zweck sich vom deklarierten Zweck entfernt hat?
Wir enden nochmals mit einem Zitat von Stewart Brand:
»Fast learns, slow remembers. Fast proposes, slow disposes. Fast is discontinuous, slow is continuous. Fast and small instructs slow and big by accrued innovation and by occasional revolution. Slow and big controls small and fast by constraint and constancy. Fast gets all our attention, slow has all the power.«
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Fachliche Referenzen
- Tweet von Axel Bojanowski (2025)
- Herfried Münkler, Verkleinern und entschleunigen. Die Zukunft der Demokratie? ARD (2022)
- Stewart Brand, Pace Layering: How Complex Systems Learn and Keep Learning (2018)
- Stewart Brand, How Buildings Learn: What Happens After They're Built, Penguin (1995)
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