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22 hours ago
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Der Titel der heutigen Episode lautet: Passagier oder Steuermann? und ist ein Gespräch mit Markus Raunig.
Markus Raunig ist Chairman der Startup-Dachplattform AustrianStartups und Co-Host von Österreichs führendem Tech-Podcast Future Weekly. Als Initiator der Stiftung Unternehmerische Zukunft setzt er sich für einen Kulturwandel zu mehr Unternehmergeist ein und berät politische Entscheidungsträger bei der Umsetzung einer innovationsfreundlichen Politik – unter anderem im Startup-Rat der österreichischen Bundesregierung und in der Startup Nations Alliance der EU-Kommission. Als Co-Autor des Austrian Startup Monitors und der Austrian Startup Agenda ist er einer der führenden Experten für die Entwicklung von innovativen Wachstumsunternehmen.
Mein neues Buch:
Hexenmeister oder Zauberlehrling? Die Wissensgesellschaft in der Krise
ist verfügbar! Schon gelesen?
Die heutige Episode ist ausnahmsweise sowohl sehr passend für die aktuelle Situation in Europa, besonders in Deutschland und Österreich, als auch langfristig gültig.
Wir sprechen über die Frage, was Unternehmertum heute bedeutet und warum Unternehmer heute oftmals in einem so eigenartigen Licht dargestellt werden: Haben wir Angst vor Entscheidungen und vor Freiheit?
Wer schafft Werte in modernen Gesellschaften und wie gelingt es uns, irreführende Narrative abzubauen? Klassenkampf wird von manchen Seiten inszeniert, aber wohl ohne zu verstehen, welcher Schaden damit angerichtet wird.
Was kann man besonders jungen Menschen raten, die innovative Ideen haben und diese umsetzen wollen – ohne durch vermeidbare Fehler zu scheitern?
Aber das Thema geht im Grunde weit über unternehmerische und wirtschaftliche Fragen hinaus. Was können wir tun, damit Menschen sich nicht wie Passagiere im eigenen Leben fühlen, sondern in die Lage versetzt werden, eigene, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen?
Wie kann eine Gesellschaft strukturiert werden, um individuelle Freiheit und unterschiedliche Lebensentwürfe nicht nur auf dem Papier, sondern in der Realität zu ermöglichen?
Wir beginnen das Gespräch mit der Frage, was Markus Raunig persönlich motiviert, sich so intensiv mit Wirtschaft und vor allem Unternehmertum auseinanderzusetzen.„
»Ich habe mich gefühlt wie ein Passagier im eigenen Leben.«
Was ist dann passiert? Wie ist diese Erkenntnis zustande gekommen?
»Jedes Problem da draußen ist eigentlich auch eine Chance, etwas selbst in die Hand zu nehmen – und es macht richtig Spaß, auch etwas aufzubauen.«
Wie ist es aber mit dem Unternehmertum in Österreich, Deutschland und in Europa bestellt? Sind wir hier im internationalen Vergleich noch wettbewerbsfähig? Die kurze Antwort ist: In vielen Bereichen leider nicht. Aber was ist die längere Antwort?
»Wenn man sich das Unternehmertum in der Gesellschaft ansieht, gibt es teilweise auch ein sehr verzerrtes Bild. […] So sagen 1/3 der Millennials, dass Unternehmer keinen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten.«
Auch Universitäten leisten bei Weitem nicht das, was man erwarten würde. Was können wir ändern?
»Im Jammern, im Raunzen sind wir richtig gut als Österreicher – da muss etwas gemacht werden –, aber dass wir selbst etwas beitragen können, das ist für viele Menschen nicht greifbar.«
Was ist das aktuelle Bild des Unternehmertums in der Gesellschaft, wie sieht die Wirklichkeit aus?
»Medial getragene Klassenkrieg-Narrative spielen eine Rolle.«
Was können wir tun, um diese besser in Einklang zu bringen? Wie kann man verständlich machen, dass ein Kuchen gebacken werden muss, bevor er verteilt werden kann, und außerdem, dass jeder mehr bekommt, wenn zwei statt einem Kuchen gebacken werden?
Arbeitsteilung ist eines der erfolgreichsten und fundamentalsten Prinzipien der Moderne und damit drängt sich natürlich die Frage auf, wie diese Arbeit genau zu verteilen ist und wer das »bestimmt«.
»Die Komplexität hat ein Level erreicht, dass das zentral nicht mehr steuerbar ist. Ich glaube, es braucht den Markt als Ort, der diese Komplexität managbar macht.«
Was ist aber der Reiz dieser zentralen Modelle, warum glauben immer noch so viele Menschen, dass zentrale Einheiten, »der Staat« oder im schlimmsten Fall gar ein »Führer« diese Herausforderungen im Sinne der Menschen lösen könnten? Warum kann hier die kurzfristige Betrachtung in die Irre führen?
Wo ist das »Wissen der Welt« verortet, das wir benötigen, um unsere Welt am Laufen zu halten und weiterzuentwickeln? Wie kann man diese Komplexität und das Menschliche dahinter greifbar machen?
Wie können wir das Unternehmerische auch im Bildungssystem verankern und damit früh wecken?
Dazu kommt – besonders heute immer wieder betont – Menschen haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Lebensentwürfe. Wer glaubt, dass diese von einer zentralen staatlichen Autorität berücksichtigt würden? Was passiert, wenn Freiheiten kollidieren?
Nehmen wir Freiheit für selbstverständlich und verlieren sie daher schneller, als wir es für möglich halten? Fürchten sich manche Menschen gar vor Freiheit? Muss man Freiheit lernen? Muss man es üben, eigene Entscheidungen zu treffen? Wie kann das gelingen?
Was macht Markus Raunig und seine Organisationen, um auch bei Kindern und Jugendlichen den unternehmerischen Funken zu wecken? Wie funktionieren diese Programme in der Praxis? Wie kann man daran teilnehmen?
Was hat Fortschritt ermöglicht? Was hat sich seit der industriellen Revolution und ihren enormen Leistungen verändert? Stecken wir heute bei fast allen größeren Unternehmungen im Sand fest? Bringen wir nicht einmal das zustande, was unsere Urgroßväter mit wesentlich weniger Technik geleistet haben?
Strukturen und Organisationen entwickeln häufig ein Eigenleben, das nicht mehr mit der initialen Mission vereinbar ist. Ist das alternativlos? Entstehen Parallelgesellschaften, protektionistische Systeme, die Macht und Geld verwalten, aber ihren ursprünglichen Zweck entweder verloren haben oder aus prinzipiellen Gründen nicht mehr erreichen können?
Zwei wichtige Fragen sind noch zu diskutieren: Verantwortung und Risiko – wie geht man damit in einer komplexen Gesellschaft produktiv um?
Gehen wir zu unsauber mit dem Begriff »Marktversagen« um, wenn tatsächlich ein politisches Versagen dahintersteht?
Dann sprechen wir ein Risiko-Dilemma an: Wie kann man damit umgehen, dass man es als Gesellschaft einerseits möchte, dass Menschen (unternehmerische) Risiken eingehen und dafür auch die Verantwortung tragen, aber andererseits die negativen Effekte nicht so dramatisch sein dürfen, dass eben diese Risiken niemand mehr eingehen möchte?
»Die Angst vor dem Scheitern ist ein sehr wichtiger Faktor, wenn es darum geht, warum viele Menschen nicht in eine unternehmerische Karriere gehen.«
Nur wenige Unternehmen machen nach fünf Jahren noch das, womit sie begonnen haben. Ist das normal?
»Dieses Scheitern im Kleinen, das muss kulturell viel normaler werden. […] Das gehört dazu, zum unternehmerischen Wirken.«
Was ist in den letzten 25 Jahren passiert, das unsere Nationen, jedenfalls in Europa, auf den Weg in die tiefe Krise, in eine dysfunktionale Wirtschaft geführt hat?
»Es gibt viele Themen, wo man aktuell unpopuläre, aber mutige Entscheidungen treffen müsste, und es gibt aus einer ganz klassischen Anreiz-Perspektive überhaupt keine Anreize für Politiker, in diese Richtung zu gehen.«
Aber es ist nicht nur ein politisches Problem. Warum ist es für Startups so viel einfacher, vernünftige Finanzierung etwa in den USA zu bekommen, während in Europa dem Anschein nach kaum jemand bereit ist, diese Risiken aufzunehmen?
Aber es ist nicht nur Politik und Finanzierung, auch die Kundenseite ist ein positiver oder eben (in Europa) negativer Faktor.
Aber auch in den USA gibt es Bewegungen, die dem Anreiz, Talente aus Europa anzuziehen, entgegenwirken. Warum gelingt es uns trotzdem nicht, diese in Europa zu binden?
»Der Ruf des Kontinents ist aktuell: Regulierung, Regulierung, Regulierung.«
Wie lässt sich das Narrativ des Unternehmertums nun in der Breite, im öffentlichen Diskurs verbessern? In früheren Episoden habe ich das »Future Brunels«-Programm in England angesprochen; wären solche Initiativen auch in Österreich und Deutschland sinnvoll? Können wir uns so vielleicht von Individuen, von Personen motivieren lassen und Identifikationsfiguren schaffen?
Markus Raunig erwähnt hier auch ganz konkret Programme wie etwa das Entrepreneurial Leadership Program.
Zuletzt stelle ich die Frage, was man ganz konkret jungen Menschen empfehlen kann, die eine Idee haben und diese umsetzen wollen.
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 140: Mensch und Technik über Generationen — eine Reflexion mit Magdalena Molnar und Gabriel Kopper
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Episode 138: Im Windschatten der Narrative, ein Gespräch mit Ralf M. Ruthardt
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Episode 136: Future Brunels? Learning from the Generation that Transformed the World. A Conversation with Dr. Helen Doe
-
Episode 135: Friedrich Hayek und die Beschränktheit der menschlichen Vernunft. Ein Gespräch mit Nickolas Emrich
-
Episode 131: Wot Se Fack, Deutschland? Ein Gespräch mit Vince Ebert
-
Episode 130: Populismus und (Ordo)liberalismus, ein Gespräch mit Nils Hesse
-
Episode 128: Aufbruch in die Moderne — Der Mann, der die Welt erfindet!
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Episode 117: Der humpelnde Staat, ein Gespräch mit Prof. Christoph Kletzer
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Episode 114: Liberty in Our Lifetime 2: Conversations with Lauren Razavi, Grant Romundt and Peter Young
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Episode 109: Was ist Komplexität? Ein Gespräch mit Dr. Marco Wehr
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Episode 102: Live im MQ, Verantwortung. Ein Gespräch mit Daphne Hruby
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Episode 74: Apocalype Always
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Episode 71: Stagnation oder Fortschritt — eine Reflexion an der Geschichte eines Lebens
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Episode 65: Getting Nothing Done — Teil 2
-
Episode 64: Getting Nothing Done — Teil 1
Fachliche Referenzen
- Markus Raunig auf LinkedIn
- Future Weekly Episode 465 (Liquid AI)
-
Friedrich von Hayek, The Road to Serfdom, Routledge (1944)

Monday Nov 24, 2025
Monday Nov 24, 2025
Der Titel der heutigen Episode lautet: Mensch und Technik über Generationen — eine Reflexion mit Magdalena Molnar und Gabriel Kopper.
Der Titel hat wenigstens zwei Bedeutungen: einerseits, wie Technik über Generationen wirkt, wie wir mit ihr umgehen und sie vermeintlich auch steuern; die andere Bedeutung bezieht sich auf meine heutigen Gäste Magdalena und Gabriel. Beide sind Studenten an der TU Wien und damit deutlich jünger als ich selbst und auch jünger als die meisten Gäste, die ich im Podcast zum Gespräch habe.
Wir reflektieren verschiedene Themen, die im Podcast teilweise schon angesprochen wurden, auch unter dieser Perspektive. Wir sprechen
- über die Motivation, in der heutigen Zeit zu studieren, zumal ein technisches Studium,
- was treibt Innovation und welche Rolle haben wir als Menschen, auch als junge Ingenieure, in diesem Prozess?
- was wissen wir eigentlich, und wie gehen wir mit unserem Unwissen um?
- wie sehen jüngere Menschen das Unternehmertum, den Willen, eigene Risiken einzugehen, anstatt sich vermeintlich durch das Leben tragen zu lassen
- muss man heute seine eigene Marke entwickeln?
- … und zuletzt machen wir gemeinsam eine Zeitreise
- und enden mit zwei sehr schönen Zitaten von Magdalena und Gabriel, die Sie nicht verpassen sollten.
Kurz noch zur Vorstellung meiner Gäste:
Magdalena Molnar ist Masterstudentin im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen-Maschinenbau an der TU Wien und arbeitet bereits nebenbei im technischen Bereich.
Im Rahmen meiner Lehrveranstaltung »Technik für Menschen« entstand die Idee, unsere Gespräche über die Rolle von Technik im Alltag sowie über ihre Wirkung auf Gesellschaft und Umwelt in einem Podcast fortzusetzen.
Gabriel Kopper studiert Elektrotechnik an der TU Wien, hat ebenfalls bei mir das Seminar gemacht und ist seitdem langjähriger und zum Glück kritischer Hörer des Podcasts. Er war bereits zu Gast in einer vergangenen Episode, und ich freue mich, dass er wieder Zeit gefunden hat.
Wenn Sie mich ein wenig unterstützen wollen und sich gleichzeitig in den Themen des Podcasts inhaltlich vertiefen wollen, kaufen Sie bitte mein neues Buch
»Hexenmeister oder Zauberlehrling. Die Wissensgesellschaft in der Krise«.
Außerdem steht Weihnachten vor der Tür, und was ist ein besseres Geschenk für Freunde, Familie oder Kollegen als ein gutes Buch?
Wir beginnen mit der Frage, wie sich die Sichtweisen unterschiedlicher Generationen unterscheiden. Wer treibt Innovation: Technik schreitet voran, oder der Bedarf, die Wünsche der Menschen ziehen? Gabriel zitiert den Nobelpreisträger Herbert Krömer über die Erfindung des Lasers:
»Die entscheidenden Anwendungen jeder hinreichend neuen Technologie waren immer Anwendungen, die von der Technologie selbst erst erschaffen wurden — und das wird in Zukunft so bleiben.«
Wie sieht es mit der Rezeption und den Risiken neuer Technik für verschiedene Generationen aus? Wie sieht es mit den Generationen in der Entwicklung neuer Technologien aus?
Was ist Wissen? Warum ist es wichtig, tacit/implicit knowledge zu unterscheiden?
»If there would be a logical answer we would have already found it«, Rory Sutherland
Der Techniker/Ingenieur hat durch seine Wahl, in welchem Unternehmen er arbeitet, eine wichtige Gestaltungsfunktion — sozusagen ein Abstimmen mit den Füßen der eigenen Anstellung.
Wie sieht die junge Generation die Rolle von Unternehmen? Arbeitsumfeld, Motivation?
Wie erkennt man seine Stärken, wenn man nicht verschiedene Dinge ausprobiert? Und wie sieht es mit der Unternehmensgründung aus?
Was könnten die Folgen der KI für Jobs gerade von Uni-Absolventen sein? Muss man heute seine eigene Marke bilden, um relevant zu bleiben?
Was bedeutet heute Vernetzung? Welche Rolle spielen digitale Medien? Was hat sich verändert? Im privaten, aber auch im beruflichen Vernetzen?
Was sind heutige Rollenbilder? Gibt es die? Oder ist es eine krisenmüde Jugend geworden?
»Die Omnipräsenz der Krise, die zu einem Merkmal unseres Lebens geworden ist, stellt uns jedoch vor ein großes Problem: Die Krise ist die Unterbrechung des Alltags, nicht dessen Fortsetzung mit anderen Mitteln.«, Konrad Paul Liessmann
Wenn wir mit einer Zeitmaschine in die Vergangenheit reisen könnten, welche Zeit würden wir gerne sehen, erleben?
Was ist wichtiger: Freiheit oder Sicherheit? Eigenverantwortung oder Staat?
»Today it is almost heresy to suggest that scientific knowledge is not the sum of all knowledge.«, Friedrich Hayek
Damit enden wir die Episode mit zwei wichtigen Fragen oder Anregungen:
»Will man eine Gesellschaft sein, die gestaltet, oder eine, die verwaltet wird?«
Was rät man einem jungen Menschen, der gerade überlegt, zu studieren zu beginnen?
»Bleib mutig und bleib neugierig.«
Referenzen
Andere Episoden
- Episode 137: Alles Leben ist Problemlösen
-
Episode 135: Friedrich Hayek und die Beschränktheit der menschlichen Vernunft. Ein Gespräch mit Nickolas Emrich
-
Episode 132: Fragen an die künstliche Intelligenz — eine konstruktive Irritation
-
Episode 125: Ist Fortschritt möglich? Ideen als Widergänger über Generationen
-
Episode 116: Science and Politics, A Conversation with Prof. Jessica Weinkle
-
Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
-
Episode 105: Reflexionen mit Gabriel Kopper
-
Episode 92: Wissen und Expertise Teil 2
-
Episode 84: (Epistemische) Krisen? Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
Magdalena und Gabriel
Fachliche Referenzen
- 10 Rules of Alchemy by Rory Sutherland
- Herbert Kroemer, Nobel Lecture: Quasielectric fields and band offsets: teaching electrons new tricks (2001)
- Konrad Paul Liessmann, Was nun? Eine Philosophie der Krise, Paul Zsolnay Verlag (2025)
-
Friedrich Hayek, The Use of Knowledge in Society, The American Economic Review (1945)

Saturday Nov 08, 2025
139 — Komfortable Disruption
Saturday Nov 08, 2025
Saturday Nov 08, 2025
Der Titel der heutigen Episode lautet: »Komfortable Disruption«. Komfortable Disruption ist eigentlich eine Verkürzung; genauer gesagt müsste der Titel lauten: »Komfortable evolutionäre Disruption«, aber das ist natürlich sperriger. Es hört auch wie ein Gegensatz an, und diese Provokation soll auch so sein. Evolution bedeutet graduelle Veränderung, jedenfalls aus Sicht des Genotyps; also aus Sicht der Bauform, die Auswirkungen können recht erheblich sein.
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Disruption bedeutet aber einen Umbruch, bei dem sich sehr viel in relativ kurzer Zeit verändert. Wie kann beides zusammengehen? Oder noch genauer: warum muss vermutlich beides zusammengehen?
Und noch wichtiger: was hat das mit Komfort zu tun? Ich versuche in dieser Episode zwei Dinge zu erreichen:
(1) Ein paar Einsichten, zu denen ich in den vergangenen Monaten gelangt bin, teilen, weil diese wirklich coole Beobachtungen über Form, Weg und Geschwindigkeit von Innovationen sind, die vielen nicht bewusst sind und auch mir in Tiefe und Breite nicht klar waren; da werde ich einige Beispiele nennen.
(2) Daraus abgeleitet ein paar Fragen, was wir von diesen Beobachtungen für die heutige Zeit und die Zukunft lernen können, und zwar sowohl in der Beobachtung und Interpretation dessen, was um uns herum passiert, aber auch, was das für Geschwindigkeit und Form von Innovationen in der Zukunft bedeuten könnte.
Wir stellen in dieser Episode die Frage, was die TAP-Theorie (Theory of the Adjacent Possible) damit zu tun hat, warum jeder Alexander Bell als Erfinder des Telefons kennt, Elisha Gray aber unbekannt geblieben ist.
Die wichtigste Frage aber ist: was geschieht beim Übergang vom Alten zum Neuen und was hat es mit Mimetic Ornamentation (Mimesis) zu tun?
»universal human reaction to technological change: the tendency to reproduce in new materials and techniques shapes and qualities familiar from past usage, regardless of appropriateness. This tendency may be called the principle of mimesis.«, Roger Scruton
Ich schildere dies anhand einer Reihe von wirklich faszinierenden Beispielen:
- Architektur in der Antike
- Entwicklung der Eisenbahn und des Autos
- Kleidung
- Fenster und Fassaden
- Holz-Konstruktionen und deren Echos in die Gegenwart
- Skeuomorphismus in der Software

Zugabteil aus der Mitte des 19. Jahrhunderts (Modell, Technisches Museum Wien)
Was sind die treibenden Kräfte für dieses Mimikri, diese mimetischen Ornamente und vergleichbarer Phänomene?
»People have generally tended to resist change; they find it reassuring to be surrounded by known and familiar forms. Reproducing them as ornament on newly introduced forms is a common reaction to the vague feeling of uneasiness that rapid social and technological change induces; it provides a satisfying sense of continuity between the past and the present.«, Roger Scruton
Aber es ist nicht nur der Widerstand gegen Neues, es gibt noch eine Reihe von anderen Gründen, warum sich Innovation älterer (Design-)Elemente bedient. Welche sind das?
Was treibt nun diese Mimikri? Warum ist das wichtig, relevant? Was können wir aus diesen Beobachtungen über Innovation lernen, die Geschwindigkeit von Veränderung und die Frage, ob es uns gelingen kann oder wird, die Stagnation der letzten Jahrzehnte zu überwinden.
Referenzen
Andere Episoden
-
Episode 136: Future Brunels? Learning from the Generation that Transformed the World. A Conversation with Dr. Helen Doe
-
Episode 128: Aufbruch in die Moderne — Der Mann, der die Welt erfindet!
-
Episode 125: Ist Fortschritt möglich? Ideen als Widergänger über Generationen
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Episoce 124: Zeitlos
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Episode 123: Die Natur kennt feine Grade, Ein Gespräch mit Prof. Frank Zachos
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Episode 110: The Shock of the Old, a conversation with David Edgerton
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Episode 104: Aus Quantität wird Qualität
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Episode 99: Entkopplung, Kopplung, Rückkopplung
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Episode 90: Unintended Consequences (Unerwartete Folgen)
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Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine Reflexion
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Episode 71: Stagnation oder Fortschritt — eine Reflexion an der Geschichte eines Lebens
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Episode 65: Getting Nothing Done — Teil 2
-
Episode 64: Getting Nothing Done — Teil 1
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Episode 35: Innovation oder: Alle Existenz ist Wartung?
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Episode 18: Gespräch mit Andreas Windisch: Physik, Fortschritt oder Stagnation
Fachliche Referenzen
- Kevin Kelly, What Technology Wants, Penguin (2011)
- Marina Cortes, Stuart A. Kaufman, Andrew R. Liddle, Lee Smolin, The TAP equation: evaluating combinatorial innovation inbiocosmology (2025)
- Roger Scruton, Mimetic Ornamentation (Britannica)
- Rupert Riedl, Die Strategie der Genesis, Piper (1984)
- Holzarbeiten, Panele: The Amazing Invisible Detail (Youtube)
- Benz Patent-Motorwagen (1886)
- Stadtmuseum Coburg: Flocken Elektro Wagen (1888)
- »Livet kan kun forstås baglæns, men det må leves forlæns.«, Soren Kierkegaard, aus seinen Tagebüchern (1843)
- Leonard E. Read, I, Pencil (1958)

Tuesday Oct 28, 2025
138 — Im Windschatten der Narrative, ein Gespräch mit Ralf M. Ruthardt
Tuesday Oct 28, 2025
Tuesday Oct 28, 2025
Der Titel der heutigen Episode ist: Im Windschatten der Narrative und ich freue mich besonders, Ihnen meinen heutigen Gesprächspartner Ralf M. Ruthardt vorstellen zu dürfen. Um den politischen Diskurs zu verstehen, erscheint es von großer Bedeutung, sich mit den Begriffen Narrativ und Framing auseinanderzusetzen. Es freut mich sehr, dass sich Ralf M. Ruthardt zu einem Gespräch bereiterklärt hat, in dem wir die Frage stellen, was es bedeutet, sich im Windschatten von Narrativen zu bewegen.
Ralf M. Ruthardt hat sich über zwei Jahrzehnte mit Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz beschäftigt. Er ist Unternehmer und gründete mehrere Startups mit innovativen Lösungen zur Automatisierung von Geschäftsprozessen. Seit 2023 publiziert Ruthardt zu gesellschaftspolitischen Fragen, was als Folge politischen und medialen Agierens in Deutschland während der Pandemie gedeutet werden darf. Den konstruktiven, versachlichten und freundlich geführten Diskurs zu unterstützen, ist eine der wesentlichen Motivationen von Ralf M. Ruthardt als Autor gesellschaftspolitischer Romane und als Herausgeber des Magazins »mitmenschenreden«. Er hält den Wechsel der Perspektive für wesentlich, um in Analyse und Lösung voranzukommen — und auch die konstruktive Irritation, auf die wir noch zu sprechen kommen werden.
Aber es gibt noch einen anderen, vielleicht ungewöhnlichen Gedanken, der mir nach diesem Gespräch mit Ralf M. Ruthardt durch den Kopf gegangen ist. Wieder eine meiner Abschweifungen, aber folgen Sie mir bitte, ich glaube, das ist ein interessanter Gedanke, der sich auch zwischen den Zeilen im Gespräch immer wieder findet.
In der Biologie gibt es wohl ein Phänomen, das allerdings wenig beschrieben ist — die sleeping functions, also die schlafenden Funktionen. Ich verlinke in den Shownotes beispielhaft einen Artikel. Wenn ich als Laie das Prinzip richtig verstehe, passiert bei diesem Beispiel im Kern Folgendes: Ein Ökosystem gerät unter Druck, weil bestimmte Spezies ausgerottet oder dysfunktional werden. Als diese Spezies verschwinden, übernimmt eine andere Art die ökologisch wichtige Funktion, die sie zuvor nicht ausgeübt hat. Daher sleeping — schlafend. Wie sehr dieses biologische Phänomen wirklich verbreitet ist, traue ich mich nicht zu sagen, aber mir gefällt das Bild als Motiv für notwendige gesellschaftliche Resilienz.
Wenn einzelne Systeme ausfallen oder ihren Dienst nicht mehr richtig erfüllen, braucht es sozusagen »schlafende Funktionen«, also Menschen wie Herrn Ruthardt und viele andere, die nun einspringen und versuchen, ihren Beitrag zu leisten, um diese gesellschaftliche Funktion zu erfüllen. Personen, die unter anderen Umständen nie in diese Rolle geraten wären, wie er selbst im Gespräch beschreibt.
Allein diesen Gedanke schlafender Funktionen von Bürgern, die in Zeiten der Krise erwachen und versuchen, das System zu stabilisieren, finde ich faszinierend. Was halten Sie von diesem Gedanken?
Wir beginnen das Gespräch mit der Frage, wie man zum Titel »Im Windschatten der Narrative« gelangt? Narrativ, Frame, Geschichte — wie unterscheiden sich die Begriffe und was hat das mit einem Beduinenzelt zu tun?
Sind die Begegnungspunkte, wo wir gemeinsame Narrative aufbauen, weniger geworden?
»Die sinnstiftende Erzählung, wie die Welt funktioniert.«
Die Kernfrage ist nun: Wer liefert uns diese sinnstiftende Erzählung? Woher stammt sie und mit welchem Motiv wird diese verbreitet? Brauchen wir Narrative als Komplexitätsreduktion für den Alltag und was sind die Risiken, die damit verbunden sind?
Haben wir uns in den vergangenen Jahrzehnten zu sehr damit beschäftigt, wie wir unseren Wohlstand genießen und ausleben können, als woher er kommt? Und damit mehr und mehr die Fundamente unserer bislang erfolgreichen Gesellschaft untergraben und ausgehöhlt?
»Technology is anything that wasn't around when you were born.«, Alan Kay
Torkeln wir geradezu von der Banalität zur konstruierten (beziehungsweise selbstverursachten) Krise?
Wie sollen wir mit der Tatsache umgehen, dass große Teile der ehemaligen Leitmedien nicht mehr in erster Linie informieren, sondern versuchen, uns zu belehren und in bestimmte politische Richtungen zu bewegen? Aber auch alternative Medien und soziale Medien sind natürlich nicht neutral und bergen eigene Gefahren.
»Wollen wir als Gesellschaft Journalismus so verstehen, dass die dort agierenden Personen — ohne ein gewähltes Mandat zu haben — uns als Gesellschaft über die Selektion von Informationen und indem sie uns die Informationen so präsentieren und die Interpretation gleich mitliefern, so führen, dass wir zu einem bestimmten Ergebnis kommen? Wenn wir das wollen, müssen wir eine andere Staatsform wählen.«
Was ist die Folge, wenn es immer weniger persönliche und direkte Kontakte mit politisch handelnden Personen gibt? Ist Politik ein Beruf — oder anders gesagt: Was ist die Folge von Politikern, die ohne Politik keinen Beruf haben?
Wie spielen nun Narrative und Macht zusammen?
Irgendwann beginnt die Lebenswirklichkeit der meisten Menschen so stark vom medialen Narrativ und Framing abzuweichen, dass diese kognitive Dissonanz schlicht nicht mehr haltbar ist. Was passiert dann?
Was geschieht, wenn über Sachverhalte nicht mehr faktisch diskutiert wird, sondern quasi-religiöse Bekenntnisse ausgetauscht werden? Vor jedem Argument müssen dann zunächst Glaubensbekenntnisse ausgedrückt werden, um zu signalisieren, dass man eh zur richtigen Seite gehört.
Welche Rolle sollten Demut und das Zulassen von Nicht-Wissen spielen?
Was kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk in dieser Gemengelage (noch) leisten? Welche Rolle spielen hier Skaleneffekte?
Sind wir als europäische Gesellschaft überhaupt noch in der Lage, große Dinge auf die Beine zu stellen und alte Zöpfe abzuschneiden? Es gibt mehr als die Baustelle des ÖRR; andere aktuelle Beispiele sind die deutsche Bundeswehr oder die deutsche Bahn, beides Sanierungsfälle, die eher hoffnungslos erscheinen.
Die schwerwiegende Frage ist: Was machen wir, wenn wir in einer Situation angelangt sind, wo eine evolutionäre Verbesserung eigentlich nicht mehr möglich ist? Aber die klassische Erkenntnis des Konservatismus sagt, dass es viel einfacher ist, etwas Funktionierendes zu zerstören, als es aufzubauen.
»Keine Lüge, die etwas auf sich hält, enthält Unwahres. Was letztlich präpariert wird, ist vielmehr das Weltbild als Ganzes, das aus den einzelnen Sendungen zusammengesetzt wird; […] Dieses Ganze ist dann weniger wahr, als die Summe der Wahrheiten seiner Teile; […] Die Aufgabe derer, die uns das Weltbild liefern, besteht also darin, aus vielen Wahrheiten ein Ganzes für uns zusammenzulügen.«, Günther Anders
Ist die Meinungslandschaft in den Eliten wirklich so homogen, oder sind wir eher einer lautstarken und aggressiven Minderheit auf den Leim gegangen, weil die Vernünftigen Angst hatten, sich zu exponieren?
»Wir haben hier eine Konstellation, wo wenige über viele Macht ausüben und im Grunde genommen die Aufgabe von Religion ersetzt haben.«
Wichtiger als schnell zu sein bei Antworten wäre es, mehr Zeit damit zu verbringen, die richtigen Fragen zu stellen!
Aber brauchen wir als Gesellschaft wirklich gemeinsame Narrative oder können wir darauf verzichten?
»Wir brauchen gemeinsame Erzählungen, die aber nicht abdriften ins Detail.«
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 135: Friedrich Hayek und die Beschränktheit der menschlichen Vernunft. Ein Gespräch mit Nickolas Emrich
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Episode 133: Desinformiere Dich! Ein Gespräch mit Jakob Schirrmacher
-
Episode 131: Wot Se Fack, Deutschland? Ein Gespräch mit Vince Ebert
-
Episode 130: Populismus und (Ordo)liberalismus, ein Gespräch mit Nils Hesse
-
Episode 125: Ist Fortschritt möglich? Ideen als Widergänger über Generationen
-
Episode 122: Komplexitätsillusion oder Heuristik, ein Gespräch mit Gerd Gigerenzer
-
Episode 117: Der humpelnde Staat, ein Gespräch mit Prof. Christoph Kletzer
-
Episode 116: Science and Politics, A Conversation with Prof. Jessica Weinkle
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Episode 111: Macht. Ein Gespräch mit Christine Bauer-Jelinek
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Episode 109: Was ist Komplexität? Ein Gespräch mit Dr. Marco Wehr
Ralf M. Ruthardt
- Ralf M. Ruthardt auf LinkedIn und X
- mitmenschenreden Magazin
- Ralf M. Ruthardt, Das laute Schweigen des Max Grund, Edition PJB (2023)
Fachliche Referenzen
- Bellwood et al, Sleeping Functional Group Drives Coral-Reef Recovery, Current Biology (2006)
- Günther Anders, Die Antiquiertheit des Menschen Bd. I: Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution, Teil 1 und 2, C.H. Beck (2018)
- Andy Clark, Surfing Uncertainty: Prediction, Action, and the Embodied Mind, Oxford University Press (2019)

Sunday Oct 12, 2025
137 — Alles Leben ist Problemlösen
Sunday Oct 12, 2025
Sunday Oct 12, 2025
»There are no solutions, only trade-offs«, Tom Sowell
Dieses aus meiner Sicht herausragend wichtige Zitat ist leider nicht gut ins Deutschen zu übersetzen. Ich versuche es in dieser Episode zunächst mit einer Umschreibung und dann mit einer provokanten Theorie des Fortschrittes.
Gibt es bei komplexen Problemen also keine Lösungen, sondern werden immer neue Probleme aufgeworfen, andere Systeme schlechter gemacht, oder neue systemische Folgen nach sich gezogen? Man verbessert also an einer Seite und verschlechtert an einer anderen. Aber Moment — hört sich das vielleicht schlechter an, als es in der Tat ist?
Mein neues Buch:
Hexenmeister oder Zauberlehrling? Die Wissensgesellschaft in der Krise
kann vorbestellt werden!
In dieser Folge ein paar kurze Gedanken dazu, ich in Bezug gesetzt zu früheren Episoden. Wie immer bei diesen kurzen Monologen: es ist eine Anregung zum Nachdenken und Kritisieren; und wenn sie kritisieren, machen Sie das bitte laut, sodass ich es auch höre, z.B. auf X; oder wenn Sie es leider mögen, gerne auch via E-mail.
Was passiert bei komplexen Problemen? Was sind Wicked Problems? Treten neue Probleme auf derselben oder auf höheren systemischen Ebenen auf und was sind die Folgen für Fortschritt?
»Je größer die Unsicherheit ist, umso einfacher muss man die Regulierung [oder das Modell] machen.«, Gerd Gigerenzer in Episode 122
Wenn »Lösungen« ein Problem reduzieren aber andere, neue Probleme höherer Komplexität schaffen, was bedeutet das für unsere Gesellschaft?
»If we would do nothing, we would also be surprised by unpredictable developments. […] We solved the problems that were existential and created better problems and level up. […] I prefer those problems to the ones that made life nasty, brutish and short.«, Johan Norberg in Episode 107
Und zum Schluss: sind bestimmte »Lösungen« alternativlos, wie etwa in Politik oder Aktivismus gerne behauptet wird, oder ist die Situation doch etwas komplizierter und weniger logisch?
»The opposite of a good idea can be another good idea.«, Rory Sutherland
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 136: Future Brunels? Learning from the Generation that Transformed the World. A Conversation with Dr. Helen Doe
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Episode 129: Rules, A Conversation with Prof. Lorraine Daston
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Episode 125: Ist Fortschritt möglich? Ideen als Widergänger über Generationen
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Episode 122: Komplexitätsillusion oder Heuristik, ein Gespräch mit Gerd Gigerenzer
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Episode 109: Was ist Komplexität? Ein Gespräch mit Dr. Marco Wehr
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Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
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Episode 99: Entkopplung, Kopplung, Rückkopplung
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Episode 94: Systemisches Denken und gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Gespräch mit Herbert Saurugg
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Episode 90: Unintended Consequences (Unerwartete Folgen)
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Episode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
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Episode 44: Was ist Fortschritt? Ein Gespräch mit Philipp Blom
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Episode 27: Wicked Problems
Fachliche Referenzen
- Karl Popper, Alles Leben ist Problemlösen, Piper (1996)
- Thomas Sowell, A Conflict of Visions: Ideological Origins of Political Struggles (1987)
-
Rory Sutherland, Alchemy, WH Allen (2021)
- Rory Sutherland, We have a Meeting
- 10 Rules of Alchemy by Rory Sutherland

Wednesday Oct 08, 2025
Wednesday Oct 08, 2025
The title of this episode is "Future Brunels? Learning from the Generation That Transformed the World." For my German listeners: this episode is a perfect complement to Episode 128.
The first half of the 19th century was a time of remarkable transformation, with England as a major driving force behind changes that improved all aspects of our lives. In this episode, I explore the achievements of one key figure of this era, Isambard Kingdom Brunel, well-known in England but hardly recognized outside of it—a true shame. I’m confident you’ll agree with me by the end of this episode.
However, the purpose of this episode isn’t just to travel back to the 19th century but to draw inspiration. What can we learn from this extraordinary generation of engineers and entrepreneurs for our time and the next generation?
Dr. Helen Doe is a historian, author, and lecturer. Her books range from maritime to RAF history. It is people, often the ordinary and sometimes unsung heroes and heroines, who attract her attention. She has published books on the economic and social aspects of Isambard Kingdom Brunel’s great ships. The First Atlantic Liner featured the stories of the passengers and crew on Brunel’s first ship, which linked Bristol, Liverpool, and New York. This was followed by a book on the SS Great Britain. She has appeared on many Radio 4 programmes and on TV. She is a Fellow of the University of Exeter, where she previously taught a range of courses and supervised postgraduates. She is a Fellow of the Royal Historical Society (FRHistS) and Chair of the British Commission for Maritime History. Helen was for many years a trustee of the SS Great Britain and, in 2018, was appointed as a member of the Council of Experts for National Historic Ships, a government advisory body.
I personally became aware of Helen when I visited the extraordinary museum in Bristol that showcases Isambard Kingdom Brunel’s second ship, the SS Great Britain. We will talk about this in our conversation.
The UK offers a number of extraordinary museums. The aforementioned museum in Bristol is significant, but also important in terms of maritime history and definitely worth a visit is the museum in Portsmouth.
We start the conversation with a discussion of the three most important ships of Brunel: the Great Western, the Great Britain, and the Great Eastern. What was Brunel’s influence on the important warships of the time, The Rattler and The Warrior? What about his two lesser-known ships that ran the mail route to Australia, the Victoria and Adelaide? Why were these ships so important, not only in terms of maritime history?
“Communications that would take months sometimes were now reduced to minutes.”
How so?

Construction of the Thames Tunnel with the patented shield
But to go back to the beginning: Isambard Brunel’s career started by helping his father with the construction of the Thames Tunnel. It continued with the Great Western Railway. Over his lifetime, he built 1,600 km of railway tracks and managed international railway construction projects around the world. More than 100 bridges were constructed by Brunel, many still in operation today, nearly 200 years later. He also played a role in the World Exhibition of 1851 and the construction and relocation of the Crystal Palace.
But let’s take one step back: What happened from 1700 to 1900 that triggered this rapid and unprecedented technological, societal, and commercial progress? This was not only Brunel but a league of extraordinary gentlemen, so to speak.
What was Brunel’s background, why is it important, and how did his father influence him? Why is it relevant that Isambard was trained as a clockmaker? Was this a cosmopolitan time and family, contrary to the assumptions some might have of the Victorian and Georgian eras?
Many of these engineers and entrepreneurs, like Brunel and Joseph Paxton, were self-made men. What role did mentoring, education, and the open exchange of ideas among these men play? What were Stevenson and Brunel’s views on patents? We joke that Brunel would have been a fan of open-source software.
The Victorian era offered an ideal of upward mobility that these people used for their own advancement and to the benefit of society. The work of this society, this engineer-driven progress, laid the foundations of our modern lives. Moreover, most of these men were not limited to one domain. They were interested in and mastered all sorts of problems:
“Their minds were so flexible, they just wanted to try out new things.”
The breadth of Brunel’s competence is evident in many successful undertakings; one astounding example is the construction of a hospital for the Crimean War—or was it rather the invention of IKEA?
“Engineers solve problems, no matter what they were”
How did people like Brunel manage to get so much done in their lives, considering the time and the fact that he died rather young at the age of only 53?
“You wonder how that man had any spare time at all when you line up all his projects.”
We then discussed who financed all of these enterprises and who took the risks? Also, what is the difference between people who do things and people who mainly talk about things?
“Marine engines were limited in their efficiency and had to carry so much coal that all the experts said: ‘Look, it’s not possible to make a ship big enough to take it across the Atlantic.’”
And, as so often, many experts were wrong again. The Great Western was highly successful, and there was a desire to build an identical sister ship, but as so often, Brunel had other ideas. Why not build the first large iron ship? The Great Britain! These ships also represented luxury travel. What did this mean in combination with this entirely new technology? How did the “Tripadvisor reviews” of the 19th century work?
They experiences an age of transformation: everything changed, and yet trust in skilled people who took enormous personal risks enabled this transformation that is closer to a miracle than evolutionary improvements.
We learn that innovation is unpredictable. Sometimes the inventor does not realise he created something that transforms the world, and sometimes he believes in an invention that ultimately fails. Progress thus requires experimentation, risk-taking, and patience.
What can we and our younger generation learn from these people who transformed our world?
“Using the past to inspire the young of the future?”
Other Episodes
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Episode 129: Rules, A Conversation with Prof. Lorraine Daston
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Episode 128: Aufbruch in die Moderne — Der Mann, der die Welt erfindet!
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Episode 126: Schwarz gekleidet im dunklen Kohlekeller. Ein Gespräch mit Axel Bojanowski
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Episode 125: Ist Fortschritt möglich? Ideen als Widergänger über Generationen
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Episode 118: Science and Decision Making under Uncertainty, A Conversation with Prof. John Ioannidis
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Episode 110: The Shock of the Old, a conversation with David Edgerton
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Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
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Episode 74: Apocalype Always
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Episode 71: Stagnation oder Fortschritt — eine Reflexion an der Geschichte eines Lebens
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Episode 65: Getting Nothing Done — Teil 2
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Episode 64: Getting Nothing Done — Teil 1
References
- Website of Dr Helen Doe
-
Heleln Doe, The First Atlantic Liner, Brunel's Great Western Steamship, Amberley (2020)
-
Helen Doe, SS Great Britain, Amberley (2022)
-
Steven Brindle, Brunel: The Man Who Built the World, W&N (2006)
-
Brunel Biography by his son: Isambard Brunel B. C. I., The Life of Isambard Kingdom Brunel, Civil Engineer (1870)
-
Kate Colquhoun, A Thing in Disguise, The Visionary Life of Joseph Paxton, Fourth Estate (2012)

Tuesday Sep 23, 2025
Tuesday Sep 23, 2025
Der Titel der heutigen Episode ist: Friedrich Hayek und die Beschränktheit der menschlichen Vernunft. Ich bin erst vor relativ kurzer Zeit in einem konkreteren Sinne auf Hayek aufmerksam geworden. Was mich sofort fasziniert hat – auch bei seinen frühen Schriften – ist sein ungeheures analytisches Talent, die interdisziplinäre Vorgehensweise und die Fähigkeit des systemischen Denkens. Sehr früh beschreibt und analysiert er komplexe Sachverhalte in einer Weise, wie sie heute, 50–100 Jahre später, immer noch hochgradig zeitgemäß und relevant ist. Insofern hat mich also zunächst der systemische, dann der politische und zuletzt der ökonomische Denker inspiriert.
In dieser Episode wird es daher um wesentliche Aspekte Hayeks Denken gehen. Aspekte, die für die heutige Zeit von enormer Bedeutung sind: Wo steckt Wissen in einer Gesellschaft? Wie können wir mit komplexen Entscheidungen, die in differenzierten Gesellschaften (oder Organisationen) notwendig sind, umgehen, wenn zentrale Planung scheitert? Was bedeuten Freiheit und Sozialstaat in einer Zeit, in der beides in westlichen Nationen vor dem Scheitern steht?
Es freut mich ganz besonders, dass ich für diese Episode Nickolas Emrich begrüßen darf.
Nickolas Emrich ist stellvertretender Vorsitzender der deutschen Hayek-Gesellschaft mit einem vielseitigen Lebensweg. Er ist Jurist, Bestsellerautor, Ex-Polizist und Unternehmer. Bei Radio Teddy moderierte er eine Sendung über Computerspiele für Kinder. Außerdem hat er bereits acht Bücher veröffentlicht. Sein aktuelles Werk „Gier nach Privilegien“ hat es sogar auf die Spiegel-Bestsellerliste geschafft.
Wir beginnen das Gespräch mit der Frage: Was ist die Hayek-Gesellschaft?
»Für Freiheit und Eigenverantwortung, vor allem auch für wirtschaftliche Eigenverantwortung, treten wir ein.«
Wie kann es sein, dass so vieles, was Hayek vor ca. 70 Jahren geschrieben hat, sich heute noch so zeitgemäß liest?
»Der Zustand der Welt ist fast nicht erklärbar, wo doch dieses Wissen vorliegt.«
»Das Faszinierende an ihm ist das Übergreifende.«
Was hat es mit der Freiheit auf sich? Welche Rolle spielt sie für Hayek, und wie verändert sich unser Verständnis davon über die Zeit? Was ist die österreichische Schule der Ökonomie? Welchen Einfluss hatte Ludwig von Mises?
Hayek, aber auch andere wesentliche Gelehrte der Zeit, z. B. Karl Popper, hatten eine große Breite im Denken, was bei vielen Intellektuellen der heutigen Zeit leider verloren gegangen ist. Ist Hayek folglich vielleicht sogar in seiner Rolle als Systemdenker wesentlicher als in seiner Rolle als Ökonom? Das Übertragen von Erkenntnissen und Einsichten aus einer Disziplin in eine andere erweist sich in vielen Fällen als sehr fruchtbar.
Seine Skepsis gegenüber großen Utopien eint ihn mit Zeitgenossen wie Karl Popper.
Wo sieht er das Wissen und die Rolle des Einzelnen, des Individuums, beziehungsweise der Summe der Individuen im Vergleich zu Experten?
»Unlike the position that exists in the physical sciences, in economics and other disciplines that deal with essentially complex phenomena, the aspects of the events to be accounted for about which we can get quantitative data are necessarily limited and may not include the important ones«, Zitat aus der Nobelpreis-Rede von Hayek.
Wir diskutieren dann die Frage, wie es mit gelenkten Prozessen im Gegensatz zu verteilt-entschiedenen Prozessen aussieht.
»Aus einem gelenkten Prozess kann nichts Größeres entstehen, als der lenkende Geist voraussehen kann.«
Das regelnde System ist ein Modell des Systems, das es zu regeln versucht – dies haben auch die Kybernetiker der 1960er Jahre erkannt.
Wo steckt eigentlich das Wissen der Welt? In der Wissenschaft? Oder ist dies vielleicht nur ein kleiner Teil des Wissens, das für unsere Welt von so entscheidender Bedeutung ist?
»Es ist viel einfacher, Macht als Wissen zu aggregieren«, Thomas Sowell.
Was versteht dann Hayek unter dem Markt? Wie passt das in diese systemische Betrachtung der Welt? Sind Märkte gar etwas »Natürliches«?
Aber überschätzen wir möglicherweise die Rolle von Regierungen ohnehin? Jedenfalls in einem positiven Sinne?
»The role played by governments is greatly exaggerated in historical accounts because we necessarily know so much more about what organized government did than about what the spontaneous coordination of individual efforts accomplished.«
Was ist nun die Rolle von Märkten und vor allem auch von Preisen? Preise sind, und das wird sehr häufig in der öffentlichen Diskussion übersehen, ein Kommunikationsmittel, das wesentliche Informationen vermittelt. Was bedeutet dies konkret?
Können Märkte eine emanzipierende Funktion haben? Sind sie demokratisch? Ist die Demokratie hingegen die »Belohnung unlauterer Sonderinteressen«?
Was sollen wir aber in realpolitischen Situationen machen, wo sich bestimmte (staatliche) Akteure nicht korrekt verhalten und Wirtschaft als Machtmittel einsetzen?
»Wir sind noch an einem Punkt, wo der Wohlstand ausreicht, um diese Wucherungen (der überbordenden Regulierungen) zu ertragen, aber wo die Last zunehmend schwerer wird.«
Jede planerische Top-down-Intervention hat Seiteneffekte, Seiteneffekte, die oftmals das Gegenteil des Erwünschten erreichen. Der Planer begibt sich auch immer in die Rolle einer Person, die behauptet, besser zu wissen als alle anderen, wie diese zu leben haben. Aber es gibt auch die andere Seite:
»Dieser Wunsch nach Autorität ist leider vorhanden.«
Haben wir die Perspektive verloren? So liest man heute von »Soziologen« etwa solche Aussagen:
»Wir sprechen von Familienunternehmern – woanders nennt man sie Oligarchen«, Martyna Linartas.
Wer hat aber in den vergangenen Jahrzehnten den Wohlstand in Deutschland geschaffen?
»Man lernt ja früh, wie ein geplantes System funktioniert – nämlich die Schule.« Was wir weniger lernen, ist, was es bedeutet, in komplexen Systemen, also etwa in der Wirtschaft, zu agieren.
Und damit sind wir wieder bei einer fundamentalen systemischen Frage: Wie verteilen wir Risiko in einer Gesellschaft? Was ist dabei die Rolle des Sozialstaates? Was passiert, wenn die Mehrheit der Menschen in einer Gesellschaft immer weniger Risiko selbst trägt, sondern dieses de facto delegiert? Entsteht damit in Wahrheit nicht nur eine Scheinsicherheit und ein systemisch viel größeres Risiko?
Was hat es mit dem Survivorship Bias zu tun? Warum sollte man sich darüber bewusst sein, bevor man Unternehmer wie Bezos oder Musk beurteilt?
»Man guckt viel zu wenig auf Ergebnisse – darum ist man jetzt auch so schockiert, was in Argentinien passiert. Man versucht, sich auf Ideen zu versteifen und in der Theorie Schlachten zu schlagen, aber das Entscheidende ist ja, ob Dinge funktionieren.«
Verändert sich die Perspektive, wenn man längere Zeiträume des Erfolgs von Unternehmen betrachtet? Wer heute top ist, ist morgen wahrscheinlich nicht mehr relevant – jedenfalls in einer funktionierenden Marktwirtschaft. Kann man Märkte mit Naturgesetzen vergleichen, oder ist das zu weit hergeholt? Als Beispiel nenne ich die führende Reporterkamera Graflex (deren Name mir im Gespräch nicht eingefallen ist).
Das Sterben von Unternehmen ist Teil einer gesunden Wirtschaft. Aber wie ist es zu interpretieren, wenn der Staat mit dem Geld aller Bürger Unternehmen vor dem Konkurs rettet – oft aus vermeintlich guten Gründen?
Was ist der Zusammenhang zwischen dem Wikipedia-Projekt und Hayek?
Zum Abschluss: Was sollte nun der Staat eigentlich leisten, und wie können wir dort wieder hinkommen? Um das Zitat von Nils Hesse aus der früheren Episode aufzugreifen: Brauchen wir einen ordoliberalen Unkrautstecher oder eher die Mileische Kettensäge?
Welche Freiheitsbegriffe spielen dabei eine Rolle?
»Das Recht des einen ist immer die Pflicht des Anderen.«
Grundrechte galten in der Vergangenheit in der Regel als Abwehrrechte gegen den Staat; Verfassungen dienen dazu, die Rechte des Staates zu begrenzen – wo stehen wir hier in der heutigen Interpretation? Ist der Sozialstaat eher ein Asozialstaat?
Hayek hat unzählige Bücher und Artikel verfasst, aber eine Kernaussage könnte man herauskristallisieren: Das Wissen um die Beschränktheit der menschlichen Vernunft. Jedes gesellschaftliche System muss eine Antwort auf diese Herausforderung haben.
»Die verhängnisvolle Anmaßung ist eben die Anmaßung, mehr zu wissen als die Summe aller anderen.«
Müssen wir in vielen europäischen Staaten erst so absteigen und über Jahrzehnte leiden wie die Argentinier, bis wirkungsvolle Reformen denkbar werden, oder schaffen wir es vorher umzusteuern?
»Solange das Problem nicht verstanden wird, wird es weiter bergab gehen.«
Mein neues Buch auf Amazon: Hexenmeister oder Zauberlehrling?:
Die Wissensgesellschaft in der Krise
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 131: Wot Se Fack, Deutschland? Ein Gespräch mit Vince Ebert
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Episode 130: Populismus und (Ordo)liberalismus, ein Gespräch mit Nils Hesse
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Episode 129: Rules, A Conversation with Prof. Lorraine Daston
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Episode 128: Aufbruch in die Moderne — Der Mann, der die Welt erfindet!
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Episode 125: Ist Fortschritt möglich? Ideen als Widergänger über Generationen
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Episode 117: Der humpelnde Staat, ein Gespräch mit Prof. Christoph Kletzer
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Episode 114: Liberty in Our Lifetime 2: Conversations with Lauren Razavi, Grant Romundt and Peter Young
-
Episode 113: Liberty in Our Lifetime 1: Conversations with Massimo Mazzone, Vera Kichanova and Tatiana Butanka
-
Episode 109: Was ist Komplexität? Ein Gespräch mit Dr. Marco Wehr
-
Episode 108: Freie Privatstädte Teil 2, ein Gespräch mit Titus Gebel
-
Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
-
Episode 89: The Myth of Left and Right, a Conversation with Prof. Hyrum Lewis
-
Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine Reflexion
Nickolas Emrich
- Nickolas Emrich in der Hayek Gesellschaft
- Nickolas Emrich, Gier nach Privilegien, Finanzbuch Verlag (2024)
Fachliche Referenzen
- Drei ausgewählte Bücher von Friedrich Hayek:
- Friedrich Hayek, Nobelpreisrede, The Pretence of Knowledge (1974)
- Friedrich Hayek, Der Weg zur Knechtschaft (1944)
- Friedrich Hayek, The Fatal Conceit: The Errors of Socialsm (1988)
- Friedrich Hayek, The Use of Knowledge in Society, The American Economic Review, Vol. 35, No. 4. (Sep., 1945)

Tuesday Sep 09, 2025
134 — Das Werdende, das ewig wirkt und lebt? Transzendent oder Transient
Tuesday Sep 09, 2025
Tuesday Sep 09, 2025
Dies ist wieder eine kurze Episode der konstruktiven Irritation. Ich möchte ein paar Gedanken teilen und wieder möglichst wenig eigene Wertung geben, sondern mögliche Aspekte aufzeigen und Fragen stellen. Selbstverständlich wird es auch diesmal nicht vollständig sein, aber hoffentlich zum Weiterdenken anregen.
Mein neues Buch:
Hexenmeister oder Zauberlehrling? Die Wissensgesellschaft in der Krise
kann vorbestellt werden!
Der erste Teil des Titels »Das Werdende, das ewig wirkt und lebt?« ist ein Zitat aus Faust I, am Ende werde ich das zum Ausklang etwas weiter zitieren. Das Thema ist also das Wechselspiel zwischen transendenten und trasienten Dingen und Ereignissen, beziehungsweise auch das Übergehen von einem ins andere.
Transzendet bedeutet dabei in meiner Verwendung, das Überschreiten oder Hinausgehen über bestimmte Grenzen. Etwas konkrete meine ich hier zwei Dimensionien: zeitlich, also Dinge, die über den Zeithorizont etwa eines Menschen oder einer Generation gehen sowie in einem materiellen Sinne; also Dinge die das materielle transzendieren, also überschreiten. Das kann eine spirituelle Bedeutung haben, aber auch eine philosopische, etwa nach Kant. Denken wir an Dinge, die jenseits der Erfahrung und des Verstands existieren oder etwas banaler, solche die nicht materiell greifbar sind, aber dennoch von Dauer. Ich werde das gleich anhand einiger Beispiele deutlicher machen.
Transient ist nun fast das Gegenteil, also Dinge oder Ereignisse, die relativ schnell vergehen, die also im Moment sind und wenig bleibende Spuren hinterlassen. Dies kann sich, wie gesagt, sowohl auf materielle wie auch geistige Aspekte beziehen.
Mich beschäftigt dieses Thema nun seit einiger Zeit, weil ich glaube, dass in menschlichen Kulturen sowie im individuellen Erleben diese Aspekte der Transzendenz oder des Vergehens sehr bestimmende Faktoren sein können, ohne dabei jetzt eine konkrete Wertung einbringen zu wollen. Und zwar darum, weil diese von der konkreten Ausprägung aber auch von den individuellen Werten abhängig ist.
In dieser Episode werde ich versuchen, diese Spannung an einer Reihe von Beispielen deutlich zu machen:
- Momente in der Zeit
- Theater- oder Musik-Aufführungen
- Bilder
- Kunst
- Gegenstände des Alltags
- Wissenschaft
- Philosophie — Karl Poppers Welt 3
- Mode und Kultur
- Gruppe vs. Individuum
Was geschieht mit Gesellschaften, die von Transzendenz dominiert sind, und mit solchen, die sie versuchen vollständig aus der Welt zu vertreiben und dann feststellt, dass viele Menschen ohne das Transzendente nicht leben können und sich dann aus dem Bauchladen der Beliebigkeit Themen suchen, die sie religiös überladen?
“Whatever the cause, a time horizon extending beyond the lifetime of the individual becomes a spontaneous moral control on individual action, analogous to moral constraints extending in space at a given time.”, Thomas Sowell
Wo stehen wir in der Welt? Wie gehen wir mit diesem Konflikt um?
»Erfreut euch der lebendig reichen Schöne!
Das Werdende, das ewig wirkt und lebt,
Umfass euch mit der Liebe holden Schranken,
Und was in schwankender Erscheinung schwebt,
Befestigt mit dauernden Gedanken!« , Faust I
Referenzen
Andere Episoden
-
Episode 128: Aufbruch in die Moderne — Der Mann, der die Welt erfindet!
-
Episode 125: Ist Fortschritt möglich? Ideen als Widergänger über Generationen
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Episoce 124: Zeitlos
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Episode 106: Wissenschaft als Ersatzreligion? Ein Gespräch mit Manfred Glauninger
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Episode 98: Ist Gott tot? Ein philosophisches Gespräch mit Jan Juhani Steinmann
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Episode 88: Liberalismus und Freiheitsgrade, ein Gespräch mit Prof. Christoph Möllers
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Episode 84: (Epistemische) Krisen? Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
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Episode 76: Existentielle Risiken
-
Episode 66: Selbstverbesserung — ein Gespräch mit Prof. Anna Schaffner
-
Episode 57: Konservativ UND Progressiv
-
Episode 55: Strukturen der Welt
-
Episode 50: Die Geburt der Gegenwart und die Entdeckung der Zukunft — ein Gespräch mit Prof. Achim Landwehr
-
Episode 49: Wo denke ich? Reflexionen über den »undichten« Geist
-
Episode 43: Deep Fakes: Wer bist du, und – was passiert da eigentlich?
-
Episode 26: Was kann Politik (noch) leisten? Ein Gespräch mit Christoph Chorherr
Fachliche Referenzen
- Alexander Schatten, Hexenmeister oder Zauberlehrling? Die Wissensgesellschaft in der Krise (2025)
- Johann Wolfgang von Goethe, Faust I (1808)
- Karl Popper, Objective Knowledge: An Evolutionary Approach, Oxford University Press, Revised Edition (1979)
- Thomas Sowell, Knowledge and Decision, Basic Books (1996)

Monday Sep 01, 2025
133 — Desinformiere Dich! Ein Gespräch mit Jakob Schirrmacher
Monday Sep 01, 2025
Monday Sep 01, 2025
Der Titel dieser Episode lautet »Desinformiere Dich!« – orientiert sich am Buch meines Gastes, Jakob Schirrmacher. Es freut mich ganz besonders, Jakob zum Gespräch begrüßen zu dürfen.
Jakob Schirrmacher ist Referent für Medienbildung und Digitalisierung, Publizist und Gründer der NGO Free Speech Aid. Er beschäftigt sich mit Fragen rund um Meinungsfreiheit, Desinformation und den gesellschaftlichen Folgen digitaler Technologien. In seinen Essays – unter anderem für die WELT – analysiert er kritisch den Umgang von Politik und Medien mit Wahrheit und öffentlicher Debatte. Mit Free Speech Aid setzt er sich für mehr Meinungsfreiheit ein – und dafür, wie wir diese in Zeiten von Zensur- und Regulierungsdruck schützen können.
In dieser Episode sprechen wir über Wahrheit und das vermeintliche Gegenteil, die Desinformation. Aber tatsächlich geht es, glaube ich, um die fundamentalere Frage, wie man mit Unsicherheit und mit unterschiedlichen Einschätzungen der Welt umgeht. In diesem Gespräch verhandeln wir hauptsächlich die gesellschaftlich/politischen Komponenten, aber die wissenschaftliche Dimension ist ebenso offensichtlich und wird von uns auch angesprochen.
Wir beginnen mit der Frage, was eine moderne und offene Gesellschaft ausmacht, welche Rolle Individuum und Freiheit spielen und welche zahlreichen Angriffe auf die offene Gesellschaft und die Demokratie wir aktuell erleben. Was sollten wir als Bürger beachten und wie damit in der Zukunft umgehen?
Ist offener Diskurs eine Bedingung für eine moderne Gesellschaft? Warum ist ein Fokus auf das Individuum und individuelle Rechte von Bedeutung?
Was ist Wahrheit? Gibt es wesentliche Unterschiede zwischen Naturwissenschaft und Aspekten des individuellen gesellschaftlichen Lebens?
»An important scientific innovation rarely makes its way by gradually winning over and converting its opponents: it rarely happens that Saul becomes Paul. What does happen is that its opponents gradually die out and that the growing generation is familiarized with the idea from the beginning…«, Max Planck
Damit kommen wir zum Versuch der Definition verschiedener Begriffe und deren Etablierung in gesellschaftlichen Strukturen:
»Wer entscheidet eigentlich, was Desinformation ist?«
Was bedeutet der Begriff Desinformation eigentlich und wofür benötigen wir ihn? Ist er nützlich oder eher ein ideologischer Kampfbegriff – also selbst in einem gewissen Sinne Meta-Desinformation? Wie steht Desinformation in Bezug zum Begriff »Fake News«?
»Elias Canetti in Masse und Macht diagnostiziert hatte: Wenn ein Begriff zu viele Deutungsvarianten hat, kann er politisch umso leichter instrumentalisiert werden.«
Ist es also gar der Versuch, sprachlich Verwirrung zu stiften? Fallen viele Menschen gerade auf ein Machtspiel herein, das durch Umdefinition und immer neue Begriffsverwirrungen gespielt wird?
»Es ist ein Herrschaftsinstrument – wir sehen, welche Maßnahmen ergriffen werden, um Desinformation einzudämmen.«
Handelt es sich nur um einen wenig relevanten akademischen Diskurs, oder hat diese Frage konkrete Folgen für unsere Gesellschaft?
»Der Umbau unserer Informationslandschaft ist schon lange im Gange«
Wir diskutieren dies anhand konkreter Gesetzesvorhaben. Was ist der Digital Services Act und das vorausgehende Netzwerkdurchsetzungsgesetz – beide im Grunde Made in Germany?
»D.h. die Regulierung, die wir heute sehen, ist eigentlich ein deutsches Produkt.«
Sollte Deutschland stolz darauf sein? Oder erleben wir eher einen schweren Angriff auf Freiheitsrechte, die Vorbildwirkung für zahlreiche totalitäre Staaten haben? Wurde mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz außerdem ein weiterer Begriff etabliert, oder gar erfunden, nämlich Hate Speech oder Hassrede im Deutschen?
Welche schwerwiegenden (negativen) Folgen, wie Overblocking, haben diese Regularien für die freie Meinungsäußerung im Netz?
Wird also das, was in demokratischen Gesellschaften eigentlich ein Tabu ist – Zensur – durch geschickte, aber perfide Regulierung und Anreizsysteme an Internetplattformen ausgelagert?
Ist auch Hassrede ein Gummibegriff, der wenig nützt, aber viel Schaden anrichtet? Wie haben wir die stetige Krisenrhetorik zu bewerten, mit der vermeintlich harte Maßnahmen und immer neue Gesetze gerechtfertigt werden?
»Die Erfahrung zeigt, dass Gesetze und Verordnungen nur selten wieder abgeschafft werden, sobald Machtstrukturen erst einmal gefestigt sind.«
Wird mit Angst (durch tatsächliche oder vermeintliche Krisen ausgelöst) gearbeitet, um immer härtere Maßnahmen umzusetzen, die aber unsere Demokratie und die offene Gesellschaft untergraben und zersetzen?
Nicht nur langfristige Effekte sind zu bedenken: Nur weil sich etwas gut anhört, bedeutet das noch lange nicht, dass es auch das Ziel erreicht, beziehungsweise mit angemessenen Nebenwirkungen erreicht.
»Lofty goals have long distracted attention from actual consequences«, Tom Sowell
Im Extremfall der Cancel Culture brauchen wir oftmals gar keine Gesetze mehr:
»Wir schaffen ein soziales Klima, das auf bestimmte Fragen dermaßen emotional reagiert, dass […] man sofort in eine Ecke geschoben wird. Da wollen die wenigsten rein und dann sagt man besser nichts.«
Immer mehr wird direkt oder indirekt »nach oben« delegiert, und führt zu immer stärkerer Machtansammlung. Davor hat Karl Popper, der Autor der »Offenen Gesellschaft«, aber schon vor Jahrzehnten eindringlich gewarnt:
»Das Wichtigste ist es, all jenen großen Propheten zu misstrauen, die eine Patentlösung in der Tasche haben, und euch sagen, wenn ihr mir nur volle Gewalt gebt, dann werde ich euch in den Himmel führen. Die Antwort darauf ist: Wir geben niemandem volle Gewalt über uns, wir wollen, dass die Gewalt auf ein Minimum reduziert wird. Gewalt ist selbst ein Übel. Und wir können nicht ein Übel mit einem anderen austreiben.«
[…]
»Die Grundidee der Demokratie ist es, die Macht zu beschränken.«
Warum schauen so viele Menschen tatenlos zu, wie unsere Demokratie substanziell beschädigt wird?
»Wir haben es uns schon bequem gemacht in unserer Demokratie und sind mittlerweile in Strukturen angekommen, in denen es relativ unsexy geworden ist, gegen den Staat zu sein.«
Besonders kritisch wird es, wenn man die Rolle betrachtet, die der Journalismus spielen sollte. Staatskritisch zu agieren ist das Kerngeschäft von politischen Journalisten. Stellen sich aber nicht weite Teile des Journalismus immer stärker als Bollwerk vor den Staat und verteidigen alle möglichen staatlichen Übergriffe?
Was ist die Rolle, die der Staat in einer offenen Gesellschaft einnehmen sollte? Haben wir uns zum Nanny-Staat entwickelt, den wir bei allem und jedem um Erlaubnis fragen, statt Eigeninitiative zu entwickeln? Sind wir als Untertanen sozialisiert worden und haben vergessen, dass die Idee der offenen Gesellschaft war, dass wir frei sind und dass der Staat die Aufgabe hat, uns maximale individuelle Freiheit zu ermöglichen, die staatlichen Übergriffe auf ein absolutes Mindestmaß zu reduzieren?
Haben wir den kritischen Umgang mit Herrschaftsstrukturen verlernt? Wie sieht das über Generationen aus? Woher kommt diese Hörigkeit?
Was macht die ständige Krisenrhetorik mit uns, besonders auch mit jüngeren Menschen – selbst wenn es dafür oftmals wenig Grund gibt? Sind wir krisenmüde geworden? Wird das strategisch eingesetzt, um uns zu zermürben?
Ist das Internet eine unfassbar mächtige Manipulationsmaschine? Oder ist das alles übertrieben? Was ist der Censorship-Industrial-Complex? Warum hat das mit klassischer Zensur weniger zu tun, war aber – gerade unter einer vermeintlich liberalen Regierung in den USA – ein etabliertes Mittel, um Information zu unterdrücken, die staatlichen Stellen oder bestimmten Eliten nicht in den Kram gepasst hat?
Cambridge Analytica und Konsorten werden als Beispiel für die Macht der Wahlbeeinflussung diskutiert, oder handelt es sich eher um einen millionenschweren Marketing-Gag? Ist dieser Desinformationshype ein Geldsegen für soziale Medien? Wenn man angeblich über die Mechanismen der Internetdienste den Wahlausgang verändern kann, dann wird es wohl auch dazu reichen, mehr Cola zu verkaufen.
Sind die Menschen nur Schafe, die schlicht dem nächsten Propagandisten folgen? Brauchen wir daher die Experten, die diese Schafe mit der richtigen Wahrheit auf den guten Weg führen?
Wozu dann aber Demokratie – dann können wir das mühsame Getue auch gleich abschaffen und die Experten entscheiden lassen, oder? Was haben wir von NGOs zu halten, die in erheblichem Umfang von staatlichen Mitteln leben, aber vorgeben, im Interesse der »Zivilgesellschaft« zu handeln? Was hat es mit dem sogenannten post-faktischen Zeitalter auf sich?
Welche Rolle spielen hier die verschiedenen Akteure? Von Regierungsorganisationen über Medien, Internetdienste, selbst ernannte Faktenchecker, sogenannte NGOs und viele andere mehr.
»Man schafft es, den Eindruck zu erwecken, dass bestimmte Perspektiven aus der Mitte der Gesellschaft kommen, schlussendlich ist es aber genau das Gegenteil der Fall.«
Wie sieht es mit der Lüge aus – soll diese verboten werden, oder hat der Mensch gar ein Recht zu lügen? Ist es manchmal vielleicht sogar Pflicht zu lügen?
»In einer offenen Gesellschaft ist nicht die Lüge selbst das größte Risiko, sondern die Existenz einer Institution, die das ausschließliche Recht hat, Wahrheit zu definieren. […] Wer heute Lügen verbieten will, schafft morgen den Präzedenzfall für das Verbot unbequemer Wahrheiten«
Zum Abschluss: Wie hat sich die Medienlandschaft über die letzten Jahrzehnten verändert – Frank Schirrmacher, Jakobs Vater, war ja Herausgeber der FAZ. Dazu ein Zitat von Hanns Joachim Friedrichs, das wie aus der Zeit gefallen wirkt:
»Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.«
Wo gilt das heute noch? Es scheinen eher Haltung und Aktivismus, als die Suche nach der Wahrheit zu gelten – manchmal sogar verblüffend offen ausgesprochen, wie etwa von Katherine Maher, CEO von NPR, über Wikipedia:
»The people who write these articles, they are not focused on the truth. They are focused on something else: what is the best that we can know right now […] Perhaps for our most tricky disagreements, seeking the truth and seeking to convince others of the truth, might not be the right place to start.«
»I think our reverence for the truth might have become a bit of a distraction that is preventing us from finding consensus and getting important things done.«
Findet die Reibung, der Versuch, Wahrheit zu finden, sich ernsthaft mit harten Themen auseinanderzusetzen, in den früheren Leitmedien oder gar im ÖRR noch statt? Oder erleben wir in Medien und Politik eine Konsenskultur statt harter thematischer Arbeit?
Werden Medienorganisationen, die sich früher selbst ernst genommen haben und tatsächlich eine wesentliche Rolle in der Gesellschaft gespielt haben, immer mehr zu polarisierenden und nicht ernst zu nehmenden Randerscheinungen? Denken wir an das Etablieren von Fact-Checking bei der BBC?
»Der Journalismus, wie wir ihn kennen, hat sich stark entkernt.«
Ist die zunehmende »Demokratisierung« der Medienlandschaft – damit auch der Bedeutungsverlust klassischer Medien – eine positive oder negative Entwicklung?
»Mein Vater [Frank Schirrmacher] hat mir früher immer gesagt: So lange wird es die FAZ nicht mehr geben.«
Wo laufen wir als Gesellschaft hin, und was können wir selbst tun, um die Situation zu verbessern?
Referenzen
Weitere Episoden
-
Episode 131: Wot Se Fack, Deutschland? Ein Gespräch mit Vince Ebert
-
Episode 130: Populismus und (Ordo)liberalismus, ein Gespräch mit Nils Hesse
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Episode 125: Ist Fortschritt möglich? Ideen als Widergänger über Generationen
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Episode 117: Der humpelnde Staat, ein Gespräch mit Prof. Christoph Kletzer
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Episode 111: Macht. Ein Gespräch mit Christine Bauer-Jelinek
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Episode 94: Systemisches Denken und gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Gespräch mit Herbert Saurugg
-
Episode 93: Covid. Die unerklärliche Stille nach dem Sturm. Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
-
Episode 88: Liberalismus und Freiheitsgrade, ein Gespräch mit Prof. Christoph Möllers
Jakob Schirrmacher
- Jakob Schirrmacher, Desinformiere dich! Eine Streitschrift
- Jakob Schirrmacher auf X
- Free Speech Aid NGO
- Frank Schirrmacher (FAZ)
Fachliche Referenzen
- Thomas Sowell, Knowledge and Decision, Basic Books (1996)
- Karl Popper, die offene Gesellschaft und ihre Feinde 1 & 2, Routledge (1945)
- Max Planck Zitat: The Philosophy of Physics Chapter III (p. 97) W.W. Norton & Company, Inc. New York, New York, USA. 1936
- Whistleblower der Cambridge Analytica – Brittany Kaiser im Interview; SRF Sternstunde Philosophie (2020)
- Matt Taibi, Michael Shellenberger, Censorship-Industrial-Complex, US Congress
- EU-Umfragen, was denkt Europa
- Streisand Effekt (Reason, Unintended Consequences)
- Hanns Joachim Friedrichs
- Katherine Maher, CEO von NPR, What Wikipedia teaches us about balancing truth and beliefs, TED Talk (2021)

Monday Aug 18, 2025
132 — Fragen an die künstliche Intelligenz — eine konstruktive Irritation
Monday Aug 18, 2025
Monday Aug 18, 2025
Was bringt die Zukunft der KI? Erleben wir gerade das Ende der Arbeit oder wird mit KI geradezu ein Ende der Stagnation (im Westen) eingeleitet? Wird uns KI befreien oder unterwerfen? Steht gar die Singularität vor der Tür?
All diese Fragen und Prognosen werde ich nicht beantworten, sondern werde vielmehr versuchen, sinnvolle Fragestellungen im Umfeld der KI zu entwickeln und versuchen sie in einen Kontext zu stellen.
Diese Folge wird also Fragen aufwerfen sie aber bewusst nicht beantworten. Es ist der Versuch (nach Ralph Ruthardt) einer konstruktiven Irritation. Sie soll helfen, zu neuen Ideen zu kommen, auch zu irritieren und zum Nachdenken anzuregen.
(Sollte ich die eine oder andere Frage doch versuchen zu beantworten, verzeihen Sie mir, dieser Podcast ist noch von Menschen, nicht von KI gemacht.)
Hörer werden unterschiedliche Antworten finden. Auch wird es zahlreiche Fragen und Aspekte geben, die ich nicht bedacht habe.
Teilen Sie Ihre Erkenntnisse und Kritik! Ein Posting auf X mit Referenz an mich wäre eine gute Möglichkeit, auch E-Mails sind gerne gesehen.
Hier noch einige Zitate aus der Episode im Original:
“big data all comes from the same place – the past.”, Rory Sutherland
“I said that he was my superior in observation and deduction. If the art of the detective began and ended in reasoning from an arm-chair, my brother would be the greatest criminal agent that ever lived. But he has no ambition and no energy. He will not even go out of his way to verify his own solutions, and would rather be considered wrong than take the trouble to prove himself right. Again and again I have taken a problem to him, and have received an explanation which has afterwards proved to be the correct one. And yet he was absolutely incapable of working out the practical points which must be gone into before a case could be laid before a judge or jury.”, Sherlock Holmes
“AI technology is exceptionally expensive, and to justify those costs, the technology must be able to solve complex problems, which it isn’t designed to do.”, Jim Covello
“the US is currently placing its money on one huge bet: that AI will unleash a productivity revolution so great it will ultimately re-start the economy it’s presently impeding.” […] “Over the same three years that the AI revolution has been in full swing, labour productivity has grown at barely 1% a year, maintaining a decades-long trend of declining growth across Western countries.”, John Rapley
»Die aufeinanderfolgenden neuen Waffensysteme zeichneten sich durch wachsende operative Schnelligkeit aus, beginnend mit operativen Entscheidungen […], und gerade diese wachsende Schnelligkeit brachte den prinzipiell unberechenbaren Zufallsfaktor ebenfalls ins Spiel. Das ließe sich wie folgt formulieren: ‘Unerhört schnelle Systeme begehen unerhört schnell Fehler.’ Dort wo Bruchteile von Sekunden […] entscheiden, ist es unmöglich, militärisch-strategische Gewissheit zu erzielen, oder anders: Man wird nicht mehr zwischen Sieg und Niederlage unterscheiden können.«, Stanislaw Lem
»Die Politiker der parlamentarisch regierten Länder bewältigten schon im vergangenen Jahrhundert nicht einmal alle Probleme des eigenen Staates, geschweige denn die Weltprobleme, und darum hatten sie Berater. […] Mit der Zeit nahmen sie Computersysteme zu Hilfe, und zu spät erkannte man, daß die Menschen zu Sprachrohren ihrer Computer wurden. Sie meinten, sie selbst seien es, die die Dinge überdenken und Schlüsse ziehen […]. Doch tatsächlich operierten sie mit einem vom Rechenzentrum vorfabrizierten Material, und dieses Material bestimmte die menschlichen Entscheidungen.«, Stanislaw Lem
“If the economy is an information-processing system, does that mean that every corporation is an artificial intelligence? If people are worried about out-of-control AI taking over the world and destroying everything, shouldn’t we have been trying to do something about them at least seventy years ago – and probably more like two hundred?”, Dan Davies
"The Czar himself is powerless against the bureaucratic body; he can send any one of them to Siberia, but he cannot govern without them, or against their will. The experience of imperial China was very much the same.”, John Stuart Mill
Referenzen
Weitere Episoden
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Episode 129: Rules, A Conversation with Prof. Lorraine Daston
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Episode 128: Aufbruch in die Moderne — Der Mann, der die Welt erfindet!
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Episode 125: Ist Fortschritt möglich? Ideen als Widergänger über Generationen
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Episode 122: Komplexitätsillusion oder Heuristik, ein Gespräch mit Gerd Gigerenzer
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Episode 121: Künstliche Unintelligenz
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Episode 119: Spy vs Spy: Über künstlicher Intelligenz und anderen Agenten
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Episode 118: Science and Decision Making under Uncertainty, A Conversation with Prof. John Ioannidis
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Episode 109: Was ist Komplexität? Ein Gespräch mit Dr. Marco Wehr
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Episode 103: Schwarze Schwäne in Extremistan; die Welt des Nassim Taleb, ein Gespräch mit Ralph Zlabinger
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Episode 100: Live im MQ, Was ist Wissen. Ein Gespräch mit Philipp Blom
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Episode 71: Stagnation oder Fortschritt — eine Reflexion an der Geschichte eines Lebens
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Episode 68: Modelle und Realität, ein Gespräch mit Dr. Andreas Windisch
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Episode 65: Getting Nothing Done — Teil 2
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Episode 64: Getting Nothing Done — Teil 1
Fachliche Referenzen
- Frey, C. B., & Osborne, M. A. (2013). The Future of Employment: How Susceptible Are Jobs to Computerisation? Oxford Martin School, University of Oxford
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Rory Sutherland, Alchemy, WH Allen (2021)
- Roger Penrose on AI and consciousness
- Arthur Conan Dolye, The Adventure of the Greek Interpreter, Strand Magazine (1893)
- John Rapley, Is the AI Bubble about to Burst? Unherd (2025)
- GEN AI: To Much Spend, Too Little Benefit? Goldman Sachs (2024)
- Stanislaw Lem, Waffensysteme des 21. Jahrhunderts (1983)
- Dan Davies, The Unaccountability Machine, Why Big Systems Make Terrible Decisions - and How The World Lost its Mind, Profile Books (2024)
- Jeff Bezos on (industrial) bubbles (YouTube)

