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23 hours ago
124 — Zeitlos
23 hours ago
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Der Titel der heutigen Episode ist »Zeitlos«. Wie komme ich darauf? Die Motivation für diese kurze Episode der Reflexion ist eine Reihe von Tweets. Der erste war von Axel Bojanowski, dem — wie ich meine — führenden Wissenschaftsjournalisten im deutschsprachigen Raum. Er schreibt:
»Der mit Abstand beste deutsche Wissenschaftspodcast ist Zukunft Denken«
Natürlich freut mich eine solche Empfehlung aus derartig berufenem Munde ganz besonders. Es spornt auch an, weiter hart an diesem Projekt zu arbeiten. Es gab dann aber noch eine Reaktion eines Hörers, der den Aspekt der Zeitlosigkeit der Episoden betont hat.
Das hat mich zum Nachdenken angeregt.
Der erste Aspekt von Zeit ist ein eher banaler, aber einer, auf den ich gerne kurz eingehen möchte. Ich bekomme immer wieder Zuschriften, wo sich Hörer öfter neue Folgen wünschen. Warum das schwierig ist, erkläre ich in aller Kürze.
Dann aber zu weiteren Aspekten der Zeitlosigkeit, die eher inhaltlicher Natur sind, denn dieser Kommentar hat mich zum Nachdenken gebracht zumal es einige Überschneidungen zu vorigen Episoden gibt. Was hat etwas das Zitat von Gerd Gigerenzer aus Episode 122
»Je größer die Unsicherheit ist, desto mehr Informationen muss man ignorieren.«
mit dem Zitat von Stafford Beer aus Episode 121 gemein?
»Information and Action are one and the same thing«
Zur Dimension der Informationsdichte kommt noch die Dimension der Zeit auf eine sehr interessante Weise hinzu. Je Größer die Unsicherheit, desto wichtiger ist also nicht nur die Auswahl der Parameter, der Daten, sondern auch die richtige Zeitlichkeit im Umgang mit dem Problem.
Was bedeutet dies für News? Für den gesellschaftlichen und politischen Umgang mit komplexen Problemen?
»Die relevanten Information entstehen Wochen, Monate, bei aktivistischen Großereignissen wie etwa Covid auch Jahre später. Diese geht dann aber im Lärm des nächsten Events unter.«
Fortschritt und Entschleunigung haben aber eine durchaus interessante Gemeinsamkeit, wir Herfried Münkler bemerkt:
“...Chance des Reflexionsgewinns durch Entschleunigung: Man kann die Bedeutung beim Treffen von Entscheidungen über größere Zeitspannen zu verfügen kaum überschätzen. und diese Zeitspannengewinn hängt nun einmal am Übergang vom mündlichen zum schriftlichen.” […] »Man konnte nunmehr sehr viel komplexere Fragen zum Gegenstand von Beratungen machen, als das in den direkten partizipatorischen Formen der Antike möglich war. Und man konnte Herausforderungen und Probleme in längerfristigen Perspektiven ins Auge fassen.«
Sind wir immer am Puls der Zeit? Oder sind wir eher am Puls des Rauschens?
Warum gibt es keine Wissenschafts-News und warum ist es gerade in komplexen Zeiten wichtig, Abstand von schnellen Medien zu halten? Warum sind Bücher gerade in schnellen Zeiten von besonderer Bedeutung?
Wie kann man die Welt in Schichten verschiedener Geschwindigkeiten begreifen? Stewart Brand bezeichnet dies als Pace Layering:
»Build a thing too fast, and mistakes cascade.
Build a thing at the right pace, and mistakes instruct.
Build a thing too slow, and mistakes are forgotten, then endlessly repeated in the endless restarts.
For instance, with infrastructure:
Building a thing at the right pace steadily all the way to completion probably works best with:
Continuity of control
Protected and guided by continuity of oversight and
Guided by continuously monitored undersight—from workers and early customers.
Continuity is the key.«
Was aber machen wir mit Systemen — um wieder auf Stafford Beer zurückzukommen — deren tatsächlicher Zweck sich vom deklarierten Zweck entfernt hat?
Wir enden nochmals mit einem Zitat von Stewart Brand:
»Fast learns, slow remembers. Fast proposes, slow disposes. Fast is discontinuous, slow is continuous. Fast and small instructs slow and big by accrued innovation and by occasional revolution. Slow and big controls small and fast by constraint and constancy. Fast gets all our attention, slow has all the power.«
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Andere Episoden
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Episode 122: Komplexitätsillusion oder Heuristik, ein Gespräch mit Gerd Gigerenzer
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Episode 121: Künstliche Unintelligenz
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Episode 119: Spy vs Spy: Über künstlicher Intelligenz und anderen Agenten
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Episode 104: Aus Quantität wird Qualität
-
Episode 99: Entkopplung, Kopplung, Rückkopplung
-
Episode 92: Wissen und Expertise Teil 2
-
Episode 84: (Epistemische) Krisen? Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
-
Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine Reflexion
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Episode 49: Wo denke ich? Reflexionen über den »undichten« Geist
-
Episode 47: Große Worte
-
Episode 32: Überleben in der Datenflut – oder: warum das Buch wichtiger ist als je zuvor
Fachliche Referenzen
- Tweet von Axel Bojanowski (2025)
- Herfried Münkler, Verkleinern und entschleunigen. Die Zukunft der Demokratie? ARD (2022)
- Stewart Brand, Pace Layering: How Complex Systems Learn and Keep Learning (2018)
- Stewart Brand, How Buildings Learn: What Happens After They're Built, Penguin (1995)

Sunday May 04, 2025
123 — Die Natur kennt feine Grade, Ein Gespräch mit Prof. Frank Zachos
Sunday May 04, 2025
Sunday May 04, 2025
Der wunderbare Titel der heutigen Episode lautet: »Die Natur kennt feine Grade«. Leider stammt er nicht von mir, sondern ist der Titel des neuen Buches meines heutigen Gasts, Prof. Frank Zachos. Aufmerksame Hörer werden sich an Frank erinnern, dazu aber mehr später.
Frank Zachos ist seit 2011 Wissenschaftler am Naturhistorischen Museum in Wien und außerdem externer Professor an der Universität in Bloemfontein in Südafrika. Er hat Biologie, Philosophie und Wissenschaftsgeschichte studiert und beschäftigt sich außer mit Zoologie und Evolutionsbiologie auch mit theoretischen und philosophischen Aspekten der Biologie.
In dieser Episode beschäftigen wir uns mit der Frage, welche Beiträge Naturwissenschaft im Allgemeinen und Biologie im Besonderen bei fundamentalen Fragen des Menschseins leisten kann. Wir beginnen dabei mit den bekannten Kant'schen Fragen:
- Was kann ich wissen? (Erkenntnistheorie)
- Was darf ich hoffen? (Religionsphilosophie)
- Was soll ich tun? (Ethik / Moralphilosophie)
- Was ist der Mensch? (Anthropologie im weitesten Sinne)
Und zu allen Fragen gibt es, wir wir erkunden werden, eine biologische Dimension. Zahlreiche Fragen werden aufgeworfen: Wie unterscheiden sich Mensch und Tier? Welche Rolle spielt Evolution in den verschiedensten Bereichen unseres Lebens, von der Biologie, über die Erkenntnis bis zur Kultur? Was können wir für Moral und Ethik von der Biologie lernen? Was ist die evolutionäre Erkenntnistheorie (die besonders auch in Österreich wichtige Vertreter hatte)? Wir blicken hier zurück auf Konrad Lorenz und Rupert Riedl.
Kann man der Philosophie in den Naturwissenschaften entkommen, oder holt sie uns immer ein?
»Man kann die Philosophie ignorieren, man kann ihr aber nicht entkommen«
Was ist der Unterschied zwischen unwissenschaftlichen und außerwissenschaftlichen Fragestellungen? Was ist metaphysischer Realismus, und warum lässt sich dieser wissenschaftlich nicht begründen. Welche Rolle spielt systemisches Denken in Ergänzung zum Reduktionismus für die komplexen Herausforderungen der Zeit und warum kann biologisches Denken ebenfalls hilfreich sein?
»Wer will was Lebendigs erkennen und beschreiben,
Sucht erst den Geist herauszutreiben,
Dann hat er die Teile in seiner Hand,
Fehlt, leider! nur das geistige Band.«,
Goethe, Faust I
Behaupten wir oft mehr zu wissen und zu verstehen als wir wirklich tun? Warum ist intellektuelle Bescheidenheit gerade heute von zentraler Bedeutung.
»Die Wissenschaft ist gewissermaßen Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden«
Gibt es Kränkungen der Menschheit durch Wissenschaft? Gibt es bei manchen oder gar vielen Menschen eine Art der Realitätsfurcht?
Was hat »Follow the Science« ausgelöst, also vor rund 100 Jahren Euthanasie und die Verbesserung der Erbsubstanz des Menschen als Stand des Wissens galt?
»Wann immer man Moral mit wissenschaftlichen Erkenntnissen letztbegründen will, wird es ganz gefährlich«
Frank erinnert dabei wieder an Kant:
»Es gibt kein Sollen in der Natur.«
Womit sich die Frage stellt, was ein naturalistischer Fehlschluss ist, und wie wir ihn vermeiden können?
»Wer zwingt uns natürlich zu sein?«
Oder wie es Hans Rosling ausdrückt:
»Have you heard people say that humans used to live in balance with nature? […] There was a balance. It wasn’t because humans lived in balance with nature. Humans died in balance with nature. It was utterly brutal and tragic.«
Kehren wir zurück zur Erkenntnis: was können wir aus der Biologie über Erkenntnisfähigkeit lernen? Konkreter gedacht am Beispiel der evolutionären Erkenntnistheorie sowie den Kant'schen a prioris.
»Das was im Idividuum a priori ist (also von Geburt an), ist eigentlich doch etwas erlerntes, aber nicht individuell erlernt, sondern evolutionär/stammesgeschichtlich. Das Kant'sche a priori wird in der evolutionären Erkenntnistheorie zu einem phylogenetischen oder evolutionären a posteriori.«
Nicht zuletzt diskutieren wir auch über die Bedeutung von Religion für die Menschen. Verschwindet Religion langsam, wenn unsere Erkenntnisse über die Welt zunehmen, oder passiert eher das Gegenteil?
Und damit reißen wir die Fragen die in Franks Buch aufgeworfen werden, nur an. Daher an alle Zuhörer dieser Episode, die Empfehlung, sich das Buch zu besorgen und weiterzulesen.
»Wir können mittlerweile Dinge beschreiben, die wir uns gar nicht mehr vorstellen können«
Referenzen
Frank Zachos
Andere Episoden
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Episode 118: Science and Decision Making under Uncertainty, A Conversation with Prof. John Ioannidis
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Episode 106: Wissenschaft als Ersatzreligion? Ein Gespräch mit Manfred Glauninger
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Episode 98: Ist Gott tot? Ein philosophisches Gespräch mit Jan Juhani Steinmann
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Episode 92: Wissen und Expertise Teil 2
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Episode 85: Naturalismus — was weiß Wissenschaft?
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Episode 83: Robert Merton — Was ist Wissenschaft?
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Episode 75: Gott und die Welt, ein Gespräch mit Werner Gruber und Erich Eder
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Episode 55: Strukturen der Welt
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Episode 48: Evolution, ein Gespräch mit Erich Eder
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Episode 41: Intellektuelle Bescheidenheit: Was wir von Bertrand Russel und der Eugenik lernen können
-
Episode 33: Naturschutz im Anthropozän – Gespräch mit Prof. Frank Zachos
Fachliche Referenzen
- Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft (1781)
- Immanuel Kant, Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können (1783)
- Konrad Lorenz, Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit, Piper (1996)
- Rupert Riedl, Evolution und Erkenntnis, Piper (1985)
- Rupert Riedl, Strukturen der Komplexität: Eine Morphologie des Erkennens und Erklärens, Springer (2000)
- Johann Wolfgang von Goethe, Faust I (1808)
- Hans Rosling, Factfulness, Sceptre (2018)
- Konrad Lorenz Artikel: Die Lehre Kants a priori im Lichte der modernen Biologie.
-
Dave Grossman, On Killing, Back Bay Books (2009)

Thursday Apr 17, 2025
122 — Komplexitätsillusion oder Heuristik, ein Gespräch mit Gerd Gigerenzer
Thursday Apr 17, 2025
Thursday Apr 17, 2025
Auch heute freue ich mich wieder darüber, einen äußerst kompetenten und prominenten Gast vorstellen zu dürfen: Prof. Gerd Gigerenzer. Das Thema ist eines, das uns seit einiger Zeit begleitet, und auch noch weiter begleiten wird, denn es gehört zu den wesentlichsten Fragen der heutigen Zeit. Werden wir von der stetig steigenden Komplexität in unserer Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft überrollt, oder gelingt es, Mechanismen zu entwickeln, trotzdem kluge und resiliente Entscheidungen zu treffen? Entscheidungen, die uns auch helfen, mit komplexen Risiken umzugehen?
Gerd Gigerenzer war unter anderem langjähriger Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, ist Direktor des Harding Center for Risk Literacy an der Universität Potsdam, Partner von Simply Rational - The Institute for Decisions und Vizepräsident des European Research Council (ERC). Er ist ehemaliger Professor für Psychologie an der Universität von Chicago und John M. Olin Distinguished Visiting Professor, School of Law an der Universität von Virginia. Darüber hinaus ist er Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, der Deutschen Akademie der Wissenschaften und der British Academy sowie Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Sciences und der American Philosophical Society. Er hat unzählige Preise gewonnen sowie zahlreiche Bücher geschrieben, die nicht nur inhaltlich höchst relevant sondern zudem auch noch sehr zugänglich für eine breite Leserschicht sind.
Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen:
- Entscheidungen unter Unsicherheit und Zeitbeschränkung
- Risikokompetenz und Risikokommunikation
- Entscheidungsstrategien von Managern, Richtern und Ärzten
Und genau über diese Themen werden wir uns in der Episode unterhalten. Wie geht man in Situationen großer Unsicherheit mit Daten und Informationen um?
»Je größer die Unsicherheit ist, desto mehr Informationen muss man ignorieren.«
Was ist eine Heuristik, und welche Heuristiken wenden wir erfolgreich in welchen Situationen an?
»In Situationen von Unsicherheit, verlassen sich Menschen nicht auf die ganze Vergangenheit, sondern auf die jüngste Vergangenheit — das nennt man recency Heuristik.«
Warum führen mehr Daten nicht immer zu besseren Entscheidungen?
»Ein Datenpunkt, gut gewählt, erlaubt [in vielen Fällen] bessere Vorhersagen als Big Data«
Was ist Intuition und unter welchen Umständen ist intuitives sinnvoller als vermeintlich rationales Entscheiden?
»Intuition ist keine Willkür. Intuition ist gefühltes Wissen, das auf jahrelanger Erfahrung beruht.«
Was ist von den neuen Theorien der Rationalität, z. B. dem System 1 und 2 von Kahnemann zu halten?
»The abject failure of models in the global financial crisis has not dented their popularity among regulators.«, Mervyn King
Was ist defensives Entscheiden, und warum ist es eines der größten Probleme unserer modernen Welt?
»Der Arzt ist nicht in einer Situation, dem Patienten das Beste zu empfehlen. Viele Ärzte fürchten, dass die Patienten klagen, insbesondere, wenn etwas unterlassen wurde. Die Patienten klagen nicht, wenn unnötige Operationen vorgenommen wurden.«
Weniger kann oft mehr sein:
»Viele Menschen denken — auch in der Wissenschaft — mehr ist immer besser.«
Dabei gilt in den meisten Fällen, gerade auch dort, wo wir häufig versuchen, komplexe Modelle anzuwenden:
»Je größer die Unsicherheit ist, umso einfacher muss man die Regulierung [oder das Modell] machen.«
Eine Erkenntnis, die im Grunde jedem klar ist, der sich mit der Steuerung komplexer Systeme auseinandersetzt. Warum handeln wir stetig dagegen?
»Wir brauchen eine Welt, die den Mut hat zur Vereinfachung.«
Und dann gibt es noch den Aspekt der Rückkopplung von (schlechten) Modellen auf die Welt, die sie vermeintlich beschreiben oder vorhersagen, und wir kommen leicht in einen Teufelskreis der zirkulären und selbstverstärkenden Fehler. Wie lassen sich diese vermeiden?
Was wird die Folge sein, wenn diese Formen der Modellierung und Verhaltenssteuerung auf eine immer totalitärere und total überwachte Gesellschaft trifft?
Entwickeln wir uns aber in der Realität mit künstlicher Intelligenz, Large Language Models und IT-getriebener Automatisierung, aber nicht gerade ins Gegenteil? Eine Welt, deren Entscheidungen von immer komplexeren Systemen intransparent getroffen werden, wo niemand mehr nachvollziehen oder bewerten und in Wahrheit verantworten kann, ob diese Entscheidungen sinnvoll sind? Denken wir beispielsweise an Modelle, die Rückfallwahrscheinlichkeiten von Straftätern bewerten.
»Viele Menschen lächeln über altmodische Wahrsager. Doch sobald die Hellseher mit Computern arbeiten, nehmen wir ihre Vorhersagen ernst und sind bereit, für sie zu zahlen.«
Zu welcher Welt bewegen wir uns hin? Zu einer, in der wir radikale Unsicherheit akzeptieren und entsprechen handeln, oder einer, wo wir uns immer mehr der Illusion von Kontrolle, Vorhersagbarkeit und Steuerbarkeit verlieren?
»In einer Welt, in der Technik (vermeintlich) smart wird, brauchen wir vor allem eines, nämlich Menschen, die auch smart werden. Also Menschen, die mitdenken, die sich nicht zurücklehnen und konsumieren; die sich nicht auf das reduzieren lassen, was man ihnen empfiehlt.«
Und zum Ende macht Prof. Gigerenzer noch den wichtigsten Aufruf der heutigen Zeit:
Mitdenken!
Denn es gilt:
»The world is inherently uncertain and to pretend otherwise is to create risk, not to minimise it.«, Mervyn King
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 121: Künstliche Unintelligenz
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Episode 118: Science and Decision Making under Uncertainty, A Conversation with Prof. John Ioannidis
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Episode 112: Nullius in Verba — oder: Der Müll der Wissenschaft
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Episode 109: Was ist Komplexität? Ein Gespräch mit Dr. Marco Wehr
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Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
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Episode 106: Wissenschaft als Ersatzreligion? Ein Gespräch mit Manfred Glauninger
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Episode 99: Entkopplung, Kopplung, Rückkopplung
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Episode 92: Wissen und Expertise Teil 2
-
Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine Reflexion
-
Episode 79: Escape from Model Land, a Conversation with Dr. Erica Thompson
Prof. Gerd Gigerenzer
Fachliche Referenzen
- Gerd Gigerenzer, Bauchentscheidungen: Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition, Goldmann (2008)
- Gerd Gigerenzer, Das Einmaleins der Skepsis: Über den richtigen Umgang mit Zahlen und Risiken, Piper (2015)
- Gerd Gigerenzer, Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft, Pantheon (2020)
- Gerd Gigerenzer, Klick: Wie wir in einer digitalen Welt die Kontrolle behalten und die richtigen Entscheidungen treffen, Bertelsmann (2021)
- Gerd Gigerenzer, Smart Management: Mit einfachen Heuristiken gute Entscheidungen treffen, Campus (2025)
- Daniel Kahnemann, Schnelles Denken, langsames Denken, Siedler Verlag (2012)
- Gerd Gigerenzer, The rationally wars: a personal reflection, BPP (2024)
- Konstantinos Katsikopoulos, Gerd Gigerenzer et al, Transparent modeling of influenza incidence: Big data or a single data point from psychological theory?, International Journal of Forecasting (2022)
-
Mervyn King, John Kay, Radical Uncertainty, Bridge Street Press (2021)
-
Rory Sutherland, Alchemy, WH Allen (2021)
- Peter Kruse, next practice. Erfolgreiches Management von Instabilität. Veränderung durch Vernetzung, Gabal (2020)
- John P. Ioannidis, Forecasting for COVID-19 has failed, International Journal of Forecasting (2022)

Wednesday Apr 02, 2025
121 — Künstliche Unintelligenz
Wednesday Apr 02, 2025
Wednesday Apr 02, 2025
In dieser Folge steht das Thema »Künstliche Unitelligenz« im Mittelpunkt – ein Begriff, der aus einem Artikel aus dem Spectator stammt: Britain has become a pioneer in Artificial Unintelligence. Was genau verbirgt sich hinter dieser Idee?
»Artificial Unintelligence is the means by which people of perfectly adequate natural intelligence are transformed by policies, procedures and protocols into animate but inflexible cogs. They speak and behave, but do not think or decide.«
Wie werden aus Menschen mit natürlicher Intelligenz bloß unflexible Rädchen? Wir reflektieren die zunehmende Strukturierung und Standardisierung in Organisationen, um mit wachsender gesellschaftlicher Komplexität umgehen zu können. Ein Ausgangspunkt der Episode ist die Frage, warum wir in immer mehr Organisationen eine strukturelle und individuelle Inkompetenz erleben? Ein Zitat aus dem genannten Artikel fasst es treffend zusammen:
»‘I didn’t find anything in common in these cases,’ I said, ‘except the stupidity of your staff. I expected him to get angry, but he maintained a Buddha-like calm. ‘Oh, I know,’ he replied, ‘but that is the standard expected now.’«
Wie konnte es so weit kommen? Liegt es an der Industrialisierung, die laut Dan Davies in The Unaccountability Machine besagt:
»A very important consequence of industrialisation is that it breaks the connection between the worker and the product.«
Oder hat es damit zu tun, wie wir mit Überwältungung durch Information umgehen.
»When people are overwhelmed by information, they always react in the same way – by building systems.«
Sind Menschen, die individuell denken, in solchen Systemen eher hinderlich als hilfreich? Doch was passiert, wenn komplexe Probleme auftreten, die Flexibilität und Kreativität erfordern? Sind unsere Organisationen überhaupt noch in der Lage, mit unerwarteten Situationen umzugehen, oder arbeiten sie nur noch »maschinenhaft« nach Vorgaben – und das mit einem Maschinenverständnis des 19. Jahrhunderts? Ist die Stagnation, die wir seit Jahrzehnten spüren, ein Symptom dieses Systemversagens? Und wie hängt das mit der sogenannten »Unaccountability Machine« zusammen, die Davies beschreibt und die man im Deutschen vielleicht als »Verantwortungslosigkeits-Maschine« bezeichnen könnte? Kann es sogar sein, dass manche Strukturen bewusst als »self-organising control fraud« gestaltet sind?
Ein weiteres damit verbundenes Thema ist: Wie beeinflussen moderne Prognose-Tools wie Recommender Systems unser Verhalten? Dienen sie wirklich dazu, bessere Entscheidungen zu ermöglichen, oder machen sie uns hauptsächlich vorhersagbarer? »Menschen, die dies und jedes gekauft/gesehen haben, haben auch dies gekauft/gesehen« – ist das noch Prognose oder schon Formung des Geschmacks? Und was ist mit wissenschaftlichen Modellen komplexer Systeme, die oft relativ beliebige Ergebnisse liefern? Formen sie nicht auch die Meinung von Wissenschaftlern, Politikern und der Gesellschaft – etwa durch die überall beobachtbare schlichte Medienberichterstattung?
Bleibt außerdem der Mensch wirklich »in the loop«, wie oft behauptet wird, oder ist er längst ein »artificial unintelligent man in the loop«, der Empfehlungen des Systems kaum hinterfragen kann?
Die Episode wirft auch einen kritischen Blick auf naive Ideologien wie das »Scientific World Management« von Alfred Korzybski, der schrieb:
„it will give a scientific foundation to Political Economy and transform so-called ‘scientific shop management’ into genuine ‘scientific world management.’“
War dieser Wunsch nach dem Ersten Weltkrieg verständlich, aber letztlich völlig missgeleitet? Und warum erleben wir heute eine Wiederkehr des naiven Szientismus, der glaubt, »die Wissenschaft« liefere objektive Antworten? Wie hängen solche Ideen mit Phänomenen wie »Science Diplomacy« zusammen?
Die zentrale Frage der Episode lautet: Wie erreicht man, dass Menschen in Verantwortung korrekt im Sinne des definierten Zwecks der Organisation entscheiden? Doch was ist überhaupt der Zweck eines Systems? Stafford Beer sagt:
»The purpose of a system is what it does.«
Stimmt der definierte Zweck – etwa Gesundheit im Gesundheitssystem – noch mit der Realität überein? Warum entscheiden Ärzte oft defensiv im eigenen Interesse statt im Interesse der Patienten? Und wie überträgt sich dieses Verhalten auf andere Organisationen – von Ministerien bis hin zur Wissenschaft? Davies beschreibt das ab Beispiel des akademischen Publikationswesens so:
„A not-wholly-unfair analysis of academic publishing would be that it is an industry in which academics compete against one another for the privilege of providing free labour for a profitmaking company, which then sells the results back to them at monopoly prices.“
Und weiter:
„The truly valuable output of the academic publishing industry is not journals, but citations.“
Was ist aus der Idee geworden, dass die Generierung von neuem und relevantem Wissen die Aufgabe von Wissenschaft, Förderung und Publikationswesen ist?
Zum Abschluss stelle ich die Frage: Wie können Systeme so gestaltet werden, dass Verantwortung wieder übernommen wird? Wie balanciert man die Zuordnung von Konsequenzen mit der Möglichkeit, ehrlich zu scheitern – ohne Innovation zu ersticken? Und was sind »Luxury Beliefs« – jene modischen Ideen elitärer Kreise, die sie selbst nicht tragen müssen, während sie für andere zur existenziellen Bedrohung werden?
Die Episode endet so mit einem Aufruf zur Diskussion: Wie lösen wir diesen Spagat zwischen Verantwortung und Risiko in einer immer komplexeren Welt?
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 119: Spy vs Spy: Über künstlicher Intelligenz und anderen Agenten
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Episode 118: Science and Decision Making under Uncertainty, A Conversation with Prof. John Ioannidis
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Episode 117: Der humpelnde Staat, ein Gespräch mit Prof. Christoph Kletzer
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Episode 116: Science and Politics, A Conversation with Prof. Jessica Weinkle
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Episode 106: Wissenschaft als Ersatzreligion? Ein Gespräch mit Manfred Glauninger
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Episode 103: Schwarze Schwäne in Extremistan; die Welt des Nassim Taleb, ein Gespräch mit Ralph Zlabinger
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Episode 93: Covid. Die unerklärliche Stille nach dem Sturm. Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
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Episode 91: Die Heidi-Klum-Universität, ein Gespräch mit Prof. Ehrmann und Prof. Sommer
-
Episode 84: (Epistemische) Krisen? Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
Fachliche Referenzen
- Britain has become a pioneer in Artificial Unintelligence | The Spectator (2025)
- Davies, Dan. The Unaccountability Machine: Why Big Systems Make Terrible Decisions - and How The World Lost its Mind, Profile Books (2024)
- Alfred Korzybski, Manhood of Humanity (1921)
- Jessica Weinkle, What is Science Diplomacy (2025)
- Nassim Taleb, Skin in the Game, Penguin (2018)
- Rob Henderson, 'Luxury beliefs' are latest status symbol for rich Americans, New York Post (2019)
-
Lorraine Daston, Rules, Princeton Univ. Press (2023)

Thursday Mar 20, 2025
Thursday Mar 20, 2025
Willkommen zu einer neuen Folge meines Podcasts! In dieser Episode begrüße ich den renommierten Experten Franz Josef Radermacher vor einem besonderen Gast an der Wand: Albert Einstein. Was hat Einstein mit Energie zu tun? Warum ist Energie die Grundlage menschlichen Wohlstands? Und wie gestalten wir eine nachhaltige Zukunft in einer global vernetzten Welt? Dieses Gespräch nimmt uns mit auf eine Reise durch die Geschichte der Energienutzung, die Herausforderungen der Energiewende und die geopolitischen Dimensionen, die oft übersehen werden.
Prof. Radermacher ist Vorstand des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung, stellv. Vorstandsvorsitzender von Global Energy Solutions e. V. (Ulm), emerit. Professor für Informatik, Universität Ulm, 2000 – 2018 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI); er ist Ehrenpräsident des Ökosozialen Forum Europa, Wien, Mitglied des UN-Council of Engineers for the Energy Transition (CEET) sowie Mitglied des Club of Rome, Winterthur.
Was hat Einstein mit diesem Gespräch zu tun? Wir beginnen mit der Frage, welche Rolle Energie in unserer Gesellschaft spielt sowie der Tatsache, dass vielen Menschen, vermutlich den meisten, nicht klar ist, was unsere Gesellschaft antreibt? So waren 2023 mehr als 81 Prozent des gesamten weltweiten Energieverbrauchs durch fossile Quellen gedeckt, und die Menge an fossilen Energieträgern wächst ständig.
Wie hat Energie die Menschheit geprägt? Welche Energiequellen hatten wir früher und welchen Einfluss hatte die Veränderung der Energieträger auf unsere Gesellschaft und unseren Lebensstandard? Warum dominieren fossile Brennstoffe heute noch? Kann Energie Armut bekämpfen? Ist es Energie, die Wohlstand schafft?
Warum sind zwei oft übersehene Parameter von so großer Bedeutung: Energiedichte und Platzbedarf? Kernkraftwerke benötigen wenig Fläche im Vergleich zu Windrädern oder Photovoltaik:
»Da ist ja ein Faktor 100 dazwischen.« […] »Weil auch Fläche ein extrem knappes Gut ist, ist es problematisch, wenn man eine Energie mit ziemlich niedriger Dichte hat.«
Gleichzeitig sind Energie und Emissionen, besonders Treibhausgase, globale Phänomene, die lokal nicht zu lösen sind.
»Von 2004 bis 2023 haben die globalen Investitionen in Wind und Solar rund 4 Billionen Dollar ausgemacht, und trotzdem sind die fossilen Energieträger dreimal schneller gewachsen.“ Zudem: „In den großen Industrienationen […] eine Reduktion der CO2-Emissionen, aber gleichzeitig einen Zuwachs in Indien und China, der diese Reduktionen um das Faktor 5 überschattet.«, Robert Bryce
Überrascht uns China? China hat mittlerweile die EU auch in den Pro-Kopf-Emissionen überholt. Was passiert, wenn Schwellenländer folgen?
»An China kann man erkennen, was passiert, wenn ein armes Land versucht, Wohlstand aufzubauen. Und das geht bis heute nur mit fossilen Energieträgern.«
Sind schnelle Lösungen gefährlich? Großinfrastruktur, Energiesysteme sind immer eine Frage von Jahrzehnten. Wenn wir versuchen, Dinge hier über das Knie zu brechen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie große und extrem teure Fehler machen, enorm. Außerdem stellt sich die Frage, welche Relevanz Europa überhaupt noch hat?
Welche Maßnahmen gegen den Klimawandel könnten erfolgreich sein? Was wurde etwa in Baku beschlossen? Funktionieren Transferzahlungen? Warum scheitert eine Renewables Only Strategie zwangsläufig?
»Die Idee, Renewables Only, ist ja eine von Deutschland immer wieder propagierte Idee.[… Es] ist nur eine Methode, [Entwicklungsländer] arm zu halten«
Aber was ist die Alternative? Was ist Carbon Capture? Was ist die Rolle von Kernkraft? Welche Mischung verschiedener Verfahren ist sinnvoll?
Zuletzt diskutieren wir über Strom vs. Moleküle und den All-Electric-Irrtum. Damit verbunden ist der Irrglaube, Wasserstoff könnte das Renable-Desaster lösen.
Welche geopolitischen Herausforderungen sind mit diesen Themen verknüpft? Ist Prof. Radermacher optimistisch — für Europa, die Welt? Was könnte man jungen Menschen empfehlen?
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 109: Was ist Komplexität? Ein Gespräch mit Dr. Marco Wehr
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Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
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Episode 95: Geopolitik und Militär, ein Gespräch mit Brigadier Prof. Walter Feichtinger
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Episode 94: Systemisches Denken und gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Gespräch mit Herbert Saurugg
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Episode 86: Climate Uncertainty and Risk, a conversation with Dr. Judith Curry
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Episode 81: Energie und Ressourcen, ein Gespräch mit Dr. Lars Schernikau
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Episode 73: Ökorealismus, ein Gespräch mit Björn Peters
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Episode 70: Future of Farming, a conversation with Padraic Flood
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Episode 62: Wirtschaft und Umwelt, ein Gespräch mit Prof. Hans-Werner Sinn
Prof. Radermacher
- Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung/n
- Global Energy Solutions
- Prof. Radermacher im Vorstand der Global Energy Solutions
- All In: Energie und Wohlstand für eine wachsende Welt, Murmann (2024)
Fachliche Referenzen
- Vaclav Smil, How the World Really Works, Penguin (2022)
- Vaclav Smil, Net Zero 2050, Fraser Institute (2024)
- Robert Bryce, The Energy Transition Isn't (2023)
- Robert Bryce, Numbers Don’t Lie (2024)

Thursday Mar 13, 2025
119 — Spy vs Spy: Über künstlicher Intelligenz und anderen Agenten
Thursday Mar 13, 2025
Thursday Mar 13, 2025
In dieser Folge tauchen wir tief in die Welt der Künstlichen Intelligenz (KI) ein und betrachten sie aus einer systemischen Perspektive. Inspiriert vom klassischen Cartoon Spy vs. Spy geht es um die Frage, wie KI-Systeme miteinander interagieren — sowohl im Sinne von Kooperation als auch Konkurrenz — und welche Herausforderungen dies für uns Menschen mit sich bringt.
Ich beleuchte die evolutionäre Natur technischen Fortschritts, die Risiken von Komplexität und Kontrollverlust sowie die möglichen Folgen einer Zukunft, in der KI von einem passiven Werkzeug zu einem aktiven Akteur wird. Begleiten Sie mich auf einer Reise durch emergente Phänomene und Fulgurationen, systemische Abhängigkeiten und die Frage, wie wir die Kontrolle über immer komplexere Systeme behalten können. Denn es stellen sich zahlreiche Fragen:
- Wie könnte sich die Interaktion zwischen KI-Systemen in der Zukunft entwickeln – eher kooperativ oder kompetitiv?
- Welche Rolle spielt der Mensch noch, wenn KI-Systeme immer schneller Entscheidungen treffen und autonome Akteure werden?
- Welche Erfahrungen haben Sie mit technischen Systemen gemacht, die durch Komplexität oder Automatisierung an Kontrolle verloren haben?
- Was bedeutet es für unsere Gesellschaft, wenn wir durch Automatisierung Know-how und Kontrolle an externe Akteure abgeben?
- Wie können wir den Übergang von KI als Spielzeug zu einem systemisch notwendigen Element gestalten, ohne in eine Abhängigkeit zu geraten?
- Glauben Sie, dass KI jemals eine eigene Motivation oder Intentionalität entwickeln könnte – und wenn ja, wie sollten wir darauf reagieren?
- Welche Strategien könnten helfen, die Kontrolle über komplexe, nicht-deterministische Systeme wie KI-Agenten zu behalten?
- Wie sehen Sie die geopolitischen Herausforderungen der KI-Entwicklung, insbesondere in Bezug auf Energie und Innovation?
- Welche positiven Szenarien können Sie sich für eine Zukunft mit KI und autonomen Agenten vorstellen?
- Wie bereiten Sie sich persönlich oder in Ihrem Umfeld auf die kommenden Entwicklungen in der KI vor?
Ich freue mich Ihre Gedanken und Ansichten zu hören! Schreiben Sie mir und lassen Sie uns gemeinsam über die Zukunft nachdenken. Bis zum nächsten Mal beim gemeinsamen Nachdenken über die Zukunft!
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 109: Was ist Komplexität? Ein Gespräch mit Dr. Marco Wehr
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Episode 94: Systemisches Denken und gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Gespräch mit Herbert Saurugg
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Episode 90: Unintended Consequences (Unerwartete Folgen)
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Episode 69: Complexity in Software
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Episode 40: Software Nachhaltigkeit, ein Gespräch mit Philipp Reisinger
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Episode 31: Software in der modernen Gesellschaft – Gespräch mit Tom Konrad
Fachliche Referenzen
- Spy vs. Spy, The Complete Casebook
- Rupert Riedl, Strukturen der Komplexität: Eine Morphologie des Erkennens und Erklärens, Springer (2000)
- Doug Meil, The U.K. Post Office Scandal: Software Malpractice At Scale – Communications of the ACM (2024)
- Casey Rosenthal, Chaos Engineering, O'Reilly (2017)

Monday Mar 03, 2025
Monday Mar 03, 2025
In this episode, I had the privilege of speaking with John Ioannidis, a renowned scientist and meta-researcher whose groundbreaking work has shaped our understanding of scientific reliability and its societal implications. We dive into his influential 2005 paper, Why Most Published Research Findings Are False, explore the evolution of scientific challenges over the past two decades, and reflect on how science intersects with policy and public trust—especially in times of crisis like COVID-19.
John had and has major impacts in our understanding of medical research, research quality in general, public health and how to handle critical situations under limited knowledge. His work was and is highly influential and extraordinarily important for our understanding where medical science, but really, science in general is standing, how we dealt with the Covid crisis, and how we could get our act together again.
He is professor of medicine at Stanford, expert in epidemiology, population health and biomedical data science.
We begin with John taking us back to 2005, when he published his paper in PLOS Medicine. He explains how it emerged from decades of empirical evidence on biases and false positives in research, considering factors like study size, statistical power, and competition that can distort findings, and why building on shaky foundations wastes time and resources.
“It was one effort to try to put together some possibilities, of calculating what are the chances that once we think we have come up with a scientific discovery with some statistical inference suggesting that we have a statistically significant result, how likely is that not to be so?”
I propose a distinction between “honest” and “dishonest” scientific failures, and John refines this. What does failure really mean, and how can they be categorised?
The discussion turns to the rise of fraud, with John revealing a startling shift: while fraud once required artistry, today’s “paper mills” churn out fake studies at scale. We touch on cases like Jan-Hendrik Schön, who published prolifically in top journals before being exposed, and how modern hyper-productivity, such as a paper every five days, raises red flags yet often goes unchecked.
“Perhaps an estimate for what is going on now is that it accounts for about 10%, not just 1%, because we have new ways of massive… outright fraud.”
This leads to a broader question about science’s efficiency. When we observe scientific output—papers, funding—grows exponentially but does breakthroughs lag? John is cautiously optimistic, acknowledging progress, but agrees efficiency isn’t what it could be. We reference Max Perutz’s recipe for success:
“No politics, no committees, no reports, no referees, no interviews; just gifted, highly motivated people, picked by a few men of good judgement.”
Could this be replicated in today's world or are we stuck in red tape?
“It is true that the progress is not proportional to the massive increase in some of the other numbers.”
We then pivot to nutrition, a field John describes as “messy.” How is it possible that with millions of papers, results are mosty based on shaky correlations rather than solid causal evidence? What are the reasons for this situation and what consequences does it have, e.g. in people trusting scientific results?
“Most of these recommendations are built on thin air. They have no solid science behind them.”
The pandemic looms large next. In 2020 Nassim Taleb and John Ioannidis had a dispute about the measures to be taken. What happened in March 2020 and onwards? Did we as society show paranoid overreactions, fuelled by clueless editorials and media hype?
“I gave interviews where I said, that’s fine. We don’t know what we’re facing with. It is okay to start with some very aggressive measures, but what we need is reliable evidence to be obtained as quickly as possible.”
Was the medicine, metaphorically speaking, worse than the disease? How can society balance worst-case scenarios without paralysis.
“We managed to kill far more by doing what we did.”
Who is framing the public narrative of complex questions like climate change or a pandemic? Is it really science driven, based on the best knowledge we have? In recent years influential scientific magazines publish articles by staff writers that have a high impact on the public perception, but are not necessarily well grounded:
“They know everything before we know anything.”
The conversation grows personal as John shares the toll of the COVID era—death threats to him and his family—and mourns the loss of civil debate. He’d rather hear from critics than echo chambers, but the partisan “war” mindset drowned out reason. Can science recover its humility and openness?
“I think very little of that happened. There was no willingness to see opponents as anything but enemies in a war.”
Inspired by Gerd Gigerenzer, who will be a guest in this show very soon, we close on the pitfalls of hyper-complex models in science and policy. How can we handle decision making under radical uncertainty? Which type of models help, which can lead us astray?
“I’m worried that complexity sometimes could be an alibi for confusion.”
This conversation left me both inspired and unsettled. John’s clarity on science’s flaws, paired with his hope for reform, offers a roadmap, but the stakes are high. From nutrition to pandemics, shaky science shapes our lives, and rebuilding trust demands we embrace uncertainty, not dogma. His call for dialogue over destruction is a plea we should not ignore.
Other Episodes
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Episode 116: Science and Politics, A Conversation with Prof. Jessica Weinkle
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Episode 112: Nullius in Verba — oder: Der Müll der Wissenschaft
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Episode 109: Was ist Komplexität? Ein Gespräch mit Dr. Marco Wehr
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Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
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Episode 106: Wissenschaft als Ersatzreligion? Ein Gespräch mit Manfred Glauninger
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Episode 103: Schwarze Schwäne in Extremistan; die Welt des Nassim Taleb, ein Gespräch mit Ralph Zlabinger
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Episode 94: Systemisches Denken und gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Gespräch mit Herbert Saurugg
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Episode 92: Wissen und Expertise Teil 2
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Episode 90: Unintended Consequences (Unerwartete Folgen)
-
Episode 86: Climate Uncertainty and Risk, a conversation with Dr. Judith Curry
-
Episode 67: Wissenschaft, Hype und Realität — ein Gespräch mit Stephan Schleim
References
- Prof. John Ioannidis at Stanford University
- John P. A. Ioannidis, Why Most Published Research Findings Are False, PLOS Medicine (2005)
- John Ioannidis, A fiasco in the making? As the coronavirus pandemic takes hold, weare making decisions without reliable data (2020)
- John Ioannidis, The scientists who publish a paper every five days, Nature Comment (2018)
- Hanae Armitage, 5 Questions: John Ioannidis calls for more rigorous nutrition research (2018)
- John Ioannidis, How the Pandemic Is Changing Scientific Norms, Tablet Magazine (2021)
- John Ioannidis et al, Uncertainty and Inconsistency of COVID-19 Non-Pharmaceutical1Intervention Effects with Multiple Competitive Statistical Models (2025)
- John Ioannidis et al, Forecasting for COVID-19 has failed (2022)
- Gerd Gigerenzer, Transparent modeling of influenza incidence: Big data or asingle data point from psychological theory? (2022)
- Sabine Kleinert, Richard Horton, How should medical science change? Lancet Comment (2014)
- Max Perutz quotation taken from Geoffrey West, Scale, Weidenfeld & Nicolson (2017)
- John Ioannidis: Das Gewissen der Wissenschaft, Ö1 Dimensionen (2024)

Thursday Feb 13, 2025
117 — Der humpelnde Staat, ein Gespräch mit Prof. Christoph Kletzer
Thursday Feb 13, 2025
Thursday Feb 13, 2025
Die heutige Episode hat wieder viel Spaß gemacht. Zu Gast ist Prof. Christoph Kletzer. Ich bin auf ihn gestoßen über einen Artikel in der Presse mit dem Titel »Der humpelnde Staat« — und das soll auch der Titel dieser Episode sein.
Prof. Christoph Kletzer ist Professor am King’s College London und eine profilierte Stimme in politischen Debatten.
»Eine seltsame Krankheit hat unsere europäische Staatsordnung befallen: Sie interessiert sich immer stärker für die kleinsten Details unseres Lebens, wird immer einfallsreicher bei der Tiefenregulierung des Alltags, lässt uns aber mit unseren brennendsten Nöten allein.«
Wir beginnen mit der Frage nach den immer stärker werdenden staatlichen Eingriffen. Welche Beispiele kann man dafür nennen?
»Im Grunde haben wir alle so kleine Sandboxen, in denen wir spielen dürfen«
Und dennoch verlieren viele der westlichen Staaten zunehmend die Fähigkeiten, ihre Kernaufgaben zu erfüllen.
Erleben wir in den vergangenen Jahrzehnten einen zunehmenden Illiberalismus? Das Ganze scheint gepaart zu sein mit einer wachsenden Moralisierung aller möglichen Lebensbereiche.
»Die Unfähigkeit im Großen wird durch aggressiven Kleingeist kompensiert.«
Was ist die Rolle der einzelnen Akteure und des Systems?
»Die Funktion des Systems ist das, was es tut« — »The purpose of a system is what it does«, Stafford Beer
Woher kommt dieses Verrutschen des staatlichen Fokus?
»Machtlosigkeit im Inneren wird mit technokratischem Verwaltungsstaatshandeln kompensiert. Das ist zum Teil in die DNA der Europäischen Union eingeschrieben.«
Sie wird als Neo-Funktionalismus bezeichnet. Was bedeutet dies? Wurden wir in eine politische Einheit geschummelt? Wer hat eigentlich welche Kompetenz und wer trägt für welche Entscheidungen konkret Verantwortung?
»Das wirkt mir eher nach FIFA als nach einem demokratischen System.«
Oder wie der Komplexitätsforscher Peter Kruse es ausgedrückt hat:
»In einem Krabbenkorb herrscht immer eine Mordsdynamik, aber bei genauerem Hinsehen stellt man fest, dass eigentlich nichts richtig vorwärtsgeht.«
Wie kann man komplexe Systeme strukturieren oder Ordnung in komplexe Systeme bringen? Gibt es einen verfassungsrechtlichen Geburtsfehler in der EU? Kann man diesen noch beheben? Wird das Problem überhaupt diskutiert?
Welche Rolle spielen Preise in der Selbstorganisation komplexer Wirtschaften?
Kann Innovation als Arbitrage betrachtet werden?
Wie viel kann bei einer komplexen Einheit wie der EU zentral gesteuert werden und wie viel muss sich durch selbstorganisierende Phänomene gestalten lassen? Sollten wir bei Kernaufgaben (was sind diese?) zentralistischer handeln und mehr Staat haben, aber beim Rest viel weniger Staat zulassen?
Was können wir von der Situation in Argentinien und Javier Milei lernen? Warum sind Preiskontrollen fast immer eine verheerende Idee?
Gleiten Top-Down organisierte, etatistische Systeme immer in Totalitarismus ab?
Was sind Interventionsspiralen, wie entstehen sie und wie kann man sie vermeiden?
Erleben wir eine Auflösung der regelbasierten globalen Ordnung und wie ist das zu bewerten, vor allem auch aus europäischer Perspektive? Werden wir vom Aufschwung, der aus Nationen wie den USA oder Argentinien kommt, überrollt; haben wir mit unserer Trägheit hier überhaupt noch eine Chance, mitzukommen?
Gibt es eine »Angst vor Groß« in Europa? Dafür aber dominieren Sendungsbewusstsein und Hochmut? Wie spielt diese Angst zusammen mit einer der aktuell größten technologischen Veränderungen, der künstlichen Intelligenz?
Haben wir es im politischen und bürokratischen Systemen mit einer Destillation der Inkompetenz zu tun? Oder liegt das Problem eher bei einer Politisierung der Justiz?
»Die künftige Konfliktlage ist zwischen Justiz und Parlament.«
Wer regiert eigentlich unsere Nationen? Politik oder »Deep State«? War der »Marsch durch die Institutionen« erfolgreich und hat unsere Nationen nachhaltig beschädigt?
Wer hat eigentlich den Anreiz, in die öffentliche Verwaltung zu gehen?
Braucht es die überschießende Rhetorik von Milei, um überhaupt eine Chance zu haben, den Stillstand zu beenden?
»By liberty, was meant protection against the tyranny of the political rulers.«, John Stuart Mill
Erleben wir eine Umkehrung der hart erkämpften Werte der Aktivisten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts? Ist der Schutz von Politikern wichtiger als die freie Meinungsäußerung? Wo sind wir hingeraten?
Was bedeutet Liberalismus überhaupt und wie hat sich der Begriff verändert? Wie setzt sich der liberale Staat gegen seine Feinde zur Wehr? Aber wer entscheidet, wer der Feind ist Wie weit kann der Staat »neutral« bleiben, wie weit muss er Werte haben?
Von der Wiege bis zur Bahre, vom Staat bevormundet? Ist das dann zu viel? Oder wollen das viele wirklich?
»Die Schwierigkeit der Menschen, erwachsen zu werden, ist auch ein Wohlstandsphänomen. Der Wohlstand, den wir haben, führt auch zum ewigen Kind.«
Aber dazu kommt noch eine weitere Dimension:
»Auch die Hypermoral ist ja eine infantile Geschichte.«
Woher kommen eigentlich die großen Veränderungen im späten 20. und 21. Jahrhundert?
»Die neue Revolution ist nicht ausgegangen von der Arbeiterschaft, sondern von der administrativen Elite«, James Burnham
Schafft der administrative Staat immer neue Situationen, die immer neue Eingriffe notwendig machen und die eigene Macht verstärken? Werden also immer neue paternalistische Strukturen notwendig, um die Probleme zu »lösen«, die selbst zuvor verursacht wurden? Und diese Problemlösung erzeugt wieder neue Probleme, die … Ist das Lösen der Probleme im Sinne der Machtstruktur gar nicht wünschenswert?
Trifft dies nicht nur auf politische, sondern auch auf andere Organisationsstrukturen zu?
Was ist die »eisige Nacht der polaren Kälte« nach Max Weber? Kann man eine Bürokratie der Debürokratisierung und damit eine Multiplikation des Problems vermeiden? Lässt sich dieses Dilemma rational, vernünftig lösen oder stecken wir hier in der Pathologie der Rationalität fest?
Braucht es einen Clown, um den gordischen Knoten durchzuschlagen? Aber steckt in dieser Irrationalität nicht auch eine Gefahr? Welches unbekannte Know-how steckt — nach konservativer Logik — in den etablierten Strukturen?
Stehen wir vor der Wahl einer tödlichen Verfettung oder einer gefährlichen Operation? Was wählen wir?
Welches Hindernis stellt Statusdenken und Verhaften in Hierarchien dar? Signalisierung vor Bedeutung?
Hilft das Denken von Foucault, um diese Problemlagen besser zu verstehen?
»Academia has a tendency, when unchecked (from lack of skin in the game), to evolve into a ritualistic self-referential publishing game.«, Nassim Taleb
Spielen wir in der Wissenschaft Cargo-Kult im 21. Jahrhundert?
»Wenn man nur die richtigen Wörter sagt [passend zum jeweiligen Kult], dann ist es schon wahr.«
Und der Cargo-Kult applaudiert.
»Status können wir in Europa. Und Status ist per definitionem Abwendung von Realität.«
Wie gehen wir in die Zukunft?
»Ich bin für den Einzelnen optimistisch, fürs Kollektiv weniger.«
Referenzen
Andere Episoden
-
Episode 111: Macht. Ein Gespräch mit Christine Bauer-Jelinek
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Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
-
Episode 106: Wissenschaft als Ersatzreligion? Ein Gespräch mit Manfred Glauninger
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Episode 103: Schwarze Schwäne in Extremistan; die Welt des Nassim Taleb, ein Gespräch mit Ralph Zlabinger
-
Episode 99: Entkopplung, Kopplung, Rückkopplung
-
Episode 96: Ist der heutigen Welt nur mehr mit Komödie beizukommen? Ein Gespräch mit Vince Ebert
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Episode 95: Geopolitik und Militär, ein Gespräch mit Brigadier Prof. Walter Feichtinger
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Episode 88: Liberalismus und Freiheitsgrade, ein Gespräch mit Prof. Christoph Möllers
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Episode 77: Freie Privatstädte, ein Gespräch mit Dr. Titus Gebel
-
Episode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
Christoph Kletzer
Fachliche Referenzen
- Stafford Beer, The Heart of Enterprise, Wiley (1979)
- Thomas Sowell, intellectuals and Society, Basic Books (2010)
- Friedrich von Hayek, The Road to Serfdom, Routledge (1944)
- John Stuart Mill, On Liberty (1859)
- David Graeber, The Dawn of Everything, A New History of Humanity, Farrar, Strauss and Giroux (2021)
- Max Weber, Politik als Beruf (1919)
- Nassim Taleb, Skin in the Game, Penguin (2018)
- Steven Brindle, Brunel: The Man Who Built the World, W&N (2006)

Monday Jan 27, 2025
116 — Science and Politics, A Conversation with Prof. Jessica Weinkle
Monday Jan 27, 2025
Monday Jan 27, 2025
Todays guest is Jessica Weinkle, Associate Professor of Public Policy at the University of North Carolina Wilmington, and Senior Fellow at The Breakthrough Institute.
In this episode we explore a range of topics and we start with the question: What is ecomodernism, and how does The Breakthrough Institute and Jessica interpret it?
“It's not a movement of can'ts”
Why are environmentalists selective about technology acceptance? Why do we assess ecological impact through bodies like the IPCC and frameworks like Planetary Boundaries? Are simplified indicators of complex systems genuinely helpful or misleading?
Is contemporary science more about appearances than substance, and do scientific journals serve more and more as advocacy platforms than fact-finding missions? How much should activism and science intersect? To what extent do our beliefs influence science, and vice versa, especially when financial interests are at play in fields like climate science? Can we trust scientific integrity when narratives are tailored for publication, like in the case of Patrick Brown?
What responsibilities do experts have when consulting in political spheres, and should they present options or advocate for specific actions? How has research publishing turned into big business, and what does this mean for the pursuit of truth?
“Experts should always say: here are your options A, B, C...; not: I think you should do A”
How does modeling shape global affairs? When we use models for decision-making, are we taking them too literally, or should we focus on their broader implications?
“To take a model literally is not to take it seriously […] the models are useful to give us some ideas, but the specificity is not where we should focus.”
What's the connection between scenario building, modeling, and risk management?
“There is an institutional and professional incentive to make big claims, to draw attention. […] That's what we get rewarded for. […] It does create an incentive to push ideas that are not necessarily the most helpful ideas for addressing public problems.”
How does the public venue affect scientists, and does the incentive to make bold claims for attention come at the cost of practical solutions? What lessons should we have learned from cases like Jan Hendrik Schön, and why haven't we?
“There is an underappreciation for the extent to which scholarly publishing is a business, a big media business. It's not just all good moral virtue around skill and enlightenment. It's money, fame and fortune.”
Finally, are narratives about future scenarios fueling climate anxiety, and how should we address this in science communication and policy-making?
“There is a freedom in uncertainty and there is also an opportunity to create decisions that are more robust to an unpredictable future. The more that we say we are certain ... the more vulnerable we become to the uncertainty that we are pretending is not there.”
Other Episodes
- Episode 109: Was ist Komplexität? Ein Gespräch mit Dr. Marco Wehr
-
Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
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Episode 90: Unintended Consequences (Unerwartete Folgen)
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Episode 86: Climate Uncertainty and Risk, a conversation with Dr. Judith Curry
-
Episode 79: Escape from Model Land, a Conversation with Dr. Erica Thompson
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Episode 76: Existentielle Risiken
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Episode 74: Apocalype Always
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Episode 70: Future of Farming, a conversation with Padraic Flood
-
Episode 68: Modelle und Realität, ein Gespräch mit Dr. Andreas Windisch
-
Episode 60: Wissenschaft und Umwelt — Teil 2
-
Episode 59: Wissenschaft und Umwelt — Teil 1
References
- Jessica Weinkle
- The Breakthrough Journal
- Planetary Boundaries (Stockholm Resilience Centre)
- Patrick T. Brown, I Left Out the Full Truth to Get My Climate Change Paper Published, The FP (2023)
- Roger Pielke Jr., What the media won't tell you about . . . hurricanes (2022)
- Roger Pielke Jr., "When scientific integrity is undermined in pursuit of financial and political gain" (2023)
- Many other excellent articles Roger Pielke on his Substack The Honest Broker
- Jessica Weinkle, Model me this (2024)
- Jessica Weinkle, How Planetary Boundaries Captured Science, Health, and Finance (2024)
- Jessica Weinkle, Bias. Undisclosed conflicts of interest are a serious problem in the climate change literature (2025)
- Marcia McNutt, The beyond-two-degree inferno, Science Editorial (2015)
- Scientific American editor quits after anti-Trump comments, Unherd (2024)
-
Erica Thompson, Escape from Model Land, Basic Books (2022)

Tuesday Jan 07, 2025
115 — Fragen über Fragen
Tuesday Jan 07, 2025
Tuesday Jan 07, 2025
Jahresrückblicke finde ich eher langweilig; jeder weiß, was im letzten Jahr passiert ist. Für mich ist es viel spannender zu reflektieren, was wir aus dem vergangenen Jahr lernen können. Welche Irrtümer haben wir gemacht, welche eigenen Ideen wurden in Frage gestellt? Welche neuen Fragen stellen sich und welche werden entscheidend für das kommende Jahr sein? Fragen scheinen mir konstruktiver zu sein als Antworten, da sie das Denken leiten und zu Diskussionen und Widersprüchen einladen, ohne die Antworten vorwegzunehmen.
Diese Episode widmet sich genau diesen Fragen und Themen, die besonders in den Episoden des letzten Jahres diskutiert wurden. Beginnen wir mit den »Strukturen des Versagens«. Nach Rory Sutherland kann das Gegenteil von gut ebenfalls gut sein. Das Gegenteil von schlecht hingegen ist oft noch schlechter. Die »Contrarian« Position ist keine stabile Basis zur Wahrheitsfindung. Nur durch ehrliche Auseinandersetzung und stetigen kritischen Diskurs können wir der Wahrheit näherkommen. Wir können die Realität ignorieren, aber nicht die Folgen dieses Ignorierens – ein Phänomen, das in den nächsten Jahren in Europa besonders bitter werden könnte, wenn wir weiterhin politisches oder aktivistisches Wunschdenken über die Realität stellen.
Ein weiteres Thema ist, was die Legacy-Medien ersetzen wird. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass traditionelle Medien an journalistischem Wert und Bedeutung verloren haben. Die US-Wahlen wurden durch Podcasts und soziale Medien beeinflusst, und in Europa könnten ähnliche Überraschungen folgen. Aber was sollte diese Systeme ersetzen?
Weiters haben wir diskutiert, ob mehr Wissenschaftler wirklich zu besserer Wissenschaft führen. Es gibt Anzeichen für Marktverzerrungen in der Wissenschaft, was zu kurzfristigen Zielen und Stagnation führt. Wie sollte Wissenschaftsförderung stattfinden, zumal der aktuelle Zustand nicht zufriedenstellend ist?
Komplexität und Resilienz sind ein weiteres Thema. Der Irrglaube, dass komplex gleich fragil ist, wird von der Natur widerlegt, die komplex und zugleich, oder gerade deshalb (?) resilient ist. Menschliche Systeme hingegen scheinen oft durch Komplexität fragil zu werden. Welche Faktoren machen ein komplexes System resilient oder fragil?
Ein weiterer Punkt ist das Konzept von Skin in the Game gegenüber Risikovermeidung. Gesellschaften brauchen Menschen, die kluge Risiken eingehen — Unternehmer, Innovatoren, Wissenschaftler. Doch wie kann man Risikobereitschaft fördern, wenn diese Risiken das eigene Leben zerstören können?
Schließlich diskutieren wir den Liberalismus, die Freiheit und die Organisation komplexer Gesellschaften. Zentrale Lösungen für komplexe Probleme scheitern erwartungsgemäß. Kann und sollte man dysfunktionale Systeme reformieren oder ist ein Neuanfang nötig?
Wie erwachsen sind Erwachsene wirklich und wie viel Selbstverantwortung kann man von ihnen in einer komplexen Gesellschaft erwarten?
Schreiben Sie mir Ihre Gedanken dazu – Diskussion und Widerspruch sind herzlich willkommen.
In diesen Shownotes gibt es keine Referenzen. Sie beziehen sich auf die Episoden des letzten Jahres.